- Politik
- Thomas Sprecher erforschte den »Zauberberg«
Wo war Thomas Manns Wasserfall?
Wer es ganz genau wissen will, was am »Zauberberg« Dichtung und Wahrheit ist, dem hilft das Buch von Thomas Sprecher »Davos im Zauberberg«. Hier wird, oft Satz für Satz, der Roman mit der Wirklichkeit verglichen. Selbst den Fahrplan der Rhätischen Bahn von Landquart nach Davos Platz aus der Zeit der Entstehung des Romans findet man hier, und zwar abgebildet.
Man erfährt, wie das Kino hieß, in das Thomas Manns Geschöpfe Frau Stöhr und Karen Karstedt gingen: »Blatters Kinematograph«. Man bekommt es schwarz auf weiß, daß die Jahreszeiten und das Wetter »hier oben« so lobenswert sind, wie Thomas Mann sie schildert: Es sei »festzuhalten, daß das vielbeobachtete Davoser Wetter, wie überhaupt die Davoser Natur, bestes Recht hat, auf die glanzvolle, gewissermaßen schon idealistische Realistik ihres Auftritts im Roman stolz zu sein. Aufmerksamer, sinnlicher, wortmächtiger,
prachtvoller als Thomas Mann hat sie noch niemand beschrieben«.
Man erfährt, daß das »Kurhaus« in Monstein, bei dem die Herren Settembrini und Naphta sich in die Haare gerieten, schon 1897 gebaut wurde und heute »Hotel Monstein und Restaurant Ducan« heißt. Und daß Monstein als Mons-tein zu lesen ist und eingefriedeter Berghof bedeutet.
Der Wasserfall, gegen dessen dröhnendes Getöse Mynheer Peeperkorn seine gewaltige Rede hielt, ist nicht dort, wo man ihn vermutet, an der Straße zum Fluß Flüela. Der wäre zu zahm. Thomas Sprecher hat herausgefunden, daß es der gewaltige Wasserfall von Varone bei Riva am Gardasee ist, den Thomas Mann 1901 besucht und sich notiert hatte: »Oben, von der Gallerie blickte man in den phantastischen Schlund hinab, in dem zutiefst das elektrische Licht roth glühte: ein Eingang zur Hölle, zur Schmiede Vulkans.«
Eine Reihe schöner Bilder machen das Buch zur Blätter-Freude: Alte Ansichtskarten, Prospekte, Anzeigen, Karikaturen und Fotos von den Interieurs des »Internationalen Sanatoriums Berghof«, von den Ärzten und Schwestern, von Professor Jessen, Gerhart Hauptmann und Thomas Mann.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.