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  • Politik
  • Wie geht's'? Rudi Schumann

Einer vom DHfK-Erbe

Dem einst weitbesten Volleyballer brachten die Weltmeister ein Ständchen

  • Lesedauer: 5 Min.

Von Jürgen Holz

Die Schumann-Combo spielt auf-wie ein elektrisierender Ruf ging diese Nachricht Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre von Rostock bis Suhl. Die Schumann-Combo - das war Rudi Schumann, der Kopf der Mannschaft, der Dreh- und Angelpunkt einer DDR-Volleyballauswahl, die bis auf den heutigen Tag das Größte vollbrachte und im deutschen Volleyball unerreicht ist: 1969 Weltpokalsieger und 1970 Weltmeister!

Ein WM-Finale in Sofia, das zu den denkwürdigsten gehört. »So einen Tag wie den 2. Oktober 1970 vergißt man nicht«, resümiert der Leipziger. »Im fünften Satz lagen wir mit 1:10 und 5:13 hoffnungslos zurück. Die Bulgaren waren in dem Moment schon fast Weltmeister. Doch wir kämpften um jeden Punkt. Uns gelang alles, den Bulgaren nichts mehr. Kein einziges Pünktchen. Mit dem 15:13-Satzsieg waren wir Weltmeister. Über 26 Jahre ist's her, aber immer noch wunderschön.« Auch der Satz des DDR-Erfolgstrainers Herbert Jenter, der jetzt als Rentner von fast 70 Jahren zurückgezogen in Leipzig lebt, in der letzten Auszeit ist Rudi Schumann noch in Erinnerung geblieben: »Wenn ihr das Spiel aufgebt, gebt ihr euch selbst auf!«

In diese Freude auch nach Jahren mischt sich aber »Ärger und Unverständis«, wie Rudi Schumann nicht verhehlt. Als im Herbst 1995 der Deutsche Volleyball-Verband in Koblenz »40 Jahre DW« feierte, waren die Weltmeister nicht einmal geladen. Das beste Stück deutscher Volleyball-Geschichte wurde mit ein paar

belanglosen Sätzen abgehandelt. »Wir waren nicht die richtigen Deutschen«, erzürnt sich der 204fache DDR-Auswahlspieler. »Hauptsache, der WM-Titel steht jetzt in der Erfolgsstatistik des DW «

Da nimmt es der einst überragende Spieldirigent, der 1970 vom Weltverband FIVB als »Weltbester Volleyballer« ausgezeichnet wurde, schon eher mit Galgenhumor, wenn er erzählt: »Neulich schwatzte der Bundestrainer im Fernsehen davon, daß es noch nie einen deutschen Volleyballer von Weltrang gegeben habe. Der Mann hat glatt die Zeitgeschichte des DDR-Sports übersehen. Und mich dazu.«

Rudi Schumann, der 13mal mit seinem Klub, dem SC Leipzig, Landesmeister und 1964 Europapokalsieger wurde, ist bis heute aufs engste mit dem Volleyball verbunden. Früher als Hochschulsportlehrer an der DHfK in Leipzig, seit 1982 als FIVB-Instrukteur, der aktive olympische Solidarität leistet (»Ich kümmere mich um Trainerlizenzen und halte internationale Trainerseminare ab«) und inzwischen als Männertrainer des Regionalligisten SV Rotation Leipzig-Süd. »An der DHfK bin ich noch immer«, sagt er und verbessert sich schnell: »Ich meine die Sportwissenschaftliche Fakultät der Uni Leipzig.« Vom DHfK-Erbe gehört er mit zu den Letzten, die als Hochschulsportlehrer übernommen wurden. »Von weit über 1000 sind noch gut 100 da. Eine merkwürdige Wendezeit«, verkürzt er den Zeitlauf. »Arbeitsverträge gab es immer nur befristet, von Vierteljahr zu Vierteljahr Zwischendurch war ich auch mal arbeitslos.« Ein Schicksal, das inzwischen seine Frau Petra, eine einstige Leichtathletin und spätere Diplomsport-

lehrerin im Schuldienst, ereilt hat. »An eine Umschulung«, sagt Rudi Schumann, »hatte ich gelegentlich auch gedacht. Aber ich ließ dann doch die Finger davon, konzentrierte mich auf das, wovon ich am meisten verstand: auf den Sport. Dort wollte ich mich durchboxen.«

Der zweifache Familienvater (Tochter Sandra ist 23 und spielt in der Bezirksliga Volleyball, Manja ist 21 und widmet sich

Aerobic) boxte sich durch, ist heute Uni-Sportlehrer für Volleyball und Tischtennis. Tischtennis? »Ja, das mag manchen verblüffen, aber ich war schon während meiner Studienzeit ein ganz passabler Tischtennisspieler und vor allem an einer sehr vielseitigen Ausbildung interessiert. Das kommt mir jetzt zugute.«

Das Nebenbei-Amt als Trainer eines Regionalligisten überrascht nicht minder, wenn man sich daran erinnert, daß sein früherer Klub, der SC Leipzig, im jetzigen Auf und Ab der Bundesliga unterzugehen droht (diese Saison steigt der Erstligist erneut ab) und einen gewieften »Steuer-

mann« durchaus gebrauchen könnte. »An Überredungskünsten hat es nicht gefehlt«, räumt er ein, »aber es war mir in der heutigen Zeit zu gewagt, meinen Beruf an der Uni aufzugeben und mich auf den Schleudersitz eines Bundesligatrainers zu begeben. Denn das ist ein Full-Time-Job und nebenher wirklich nicht zu machen.«

Zum Regionalligatrainer sei er übrigens gekommen wie die berühmte Jungfrau zum Kind. »Ich hatte Ende 1990 den Rotationern Hilfe zugesagt, einen Trainer zu finden. Doch ich fand keinen. Also sagte ich: Ich mach's für ein Jahr. Nun gehe ich bereits ins siebente, aber bereut habe ich es nicht.«

Die Schumann-Combo kommt übrigens noch gelegentlich zusammen. Die Leipziger Spieler aus dem Weltmeisterteam wie Kapitän Siegfried Schneider, Wolfgang Weise, Eckehard Pietzsch, Jürgen Maune, Jürgen Freiwald, Horst Peter oder Horst Hagen sind ja noch im Leipziger Umfeld zu Hause - als Trainer, Berufsschullehrer, als Bauingenieur, Uni-Sportlehrer oder Handelsvertreter. »Da treffe ich den einen oder anderen schon mal öfter.« 1995, zum 25jährigen Jubiläum des WM-Titelgewinns, waren fast alle zusammengekommen. »Auch Arno Schulz war dabei“, fügt er hinzu. Arno Schulz war als WM-Schiedsrichter 1982 auf der Rückreise von Argentinien in München geblieben und zu DDR-Zeiten folglich in Ungnade gefallen.

»Vor kurzem erst sah sich die halbe WM-Mannschaft in Leipzig wieder«, erzählt Rudi Schumann nach einigem Zögern - denn da, Mitte Februar genau, beging der Chef der Schumann-Combo seinen 50. Geburtstag, und die Weltmeister brachten ihm ein Ständchen. »1997«, blickt er voraus, »müßten wir eigentlich das 25jährige Jubiläum der olympischen Silbermedaille von München feiern.« Auch das ist ein einmaliger Erfolg im deutschen Volleyball, den der DW wohl geflissentlich übersehen wird. Oder...? »Mir ist's inzwischen egal«, reagiert Rudi Schumann.

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