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Kriminelle Polizisten? Von Peter Kirschey

  • Lesedauer: 2 Min.

Vorgestern Prozeßbeginn gegen prügelnde Uniformierte, gestern Verfahren gegen einen Polizeifahrer, der ein 16jähriges Mädchen tödlich verletzt hat. Ist diese Welt aus den Fugen geraten? Gerät das Bild vom untadeligen Gesetzeshüter ins Wanken? Haben wir gar schon Fernsehkrimiverhältnisse, wo Gangster und Polizisten gemeinsam schmutzige Sache gegen den braven Bürger machen?

Wohl kaum. Uniformierte Staatsdiener auf kriminellen Pfaden werden immer die Ausnahme bleiben. Doch das polizeiliche Amt gibt ih-

nen eine Stellung in der Gesellschaft, in der sie anders zu bewerten sind, als »normale Bürger«. Sie verfügen über das staatliche Gewaltmonopol, sind kraft ihrer Wassersuppe berechtigt, andere zu strafen. Also müssen an Polizisten zu Recht weit höhere Maßstäbe angelegt werden.

Wer die Uniform anzieht, bei dem muß sich tief im Bewußtsein festsetzen, daß er - indem er Gesetze erfüllt nur für den Bürger da ist und für nichts anderes. Auch für den Bürger, der in der persönlichen Sympathieskala eines Beamten weit unten steht, ein »szenetypisches Aussehen« hat, sich sprachlich nicht so artikulieren kann oder auch mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist.

Polizisten haben es wahrlich nicht leicht. Allzuoft haben sie es mit Leuten zu tun, die gewalttätig werden oder mit einer Beleidigungsflut über sie herfallen, wo »Bulle« noch das zärtlichste

Kompliment ist. Da können schon mal die Nerven durchgehen.

Doch die Pistole, der Schlagstock und die gepanzerte Uniform sind auch Verführung, die Macht gegen Schwächere einzusetzen. Einige - egal in welchem politischen System erliegen dieser Versuchung. Und werden die gesellschaftlichen Kontrollmechanismen nicht ständig den Erfordernissen angepaßt, kann dies zu einer Krankheit auswuchern. So gibt es für New Yorker Polizisten spezielle Antigewaltkurse. Das könnte auch in Berlin eingeführt werden. Auch sollte überlegt werden, ob die jahrelange Forderung nach Kennzeichnung eines Polizisten nicht endlich realisiert wird, um verborgene Gelüste nach Machtmißbrauch zu zügeln. Nur so ist zu sichern, daß das vielgerühmte Wort vom Bürger in Uniform nicht zur Phrase verkommt.

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