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Wer frißt wen? Millionen von Haien werden jährlich getötet Von Norbert Suchanek

  • Lesedauer: 4 Min.

Laut FAO-Zahlen ist Indonesien die größte Haifisch- und Rochenfangnation mit jährlich etwa 90 000 Tonnen angelandeten Knorpelfisch, von weltweit etwa 700 000 Tonnen. Indien steht mit 64 000 Tonnen an 2. Stelle, gefolgt von Taiwan, Pakistan und Japan. Die USA stehen mit jährlich über 30 000 Tonnen an sechster Stelle des Hai-und Rochenfangs. In Europa machen vor allem Frankreich und England Jagd, in ihren Netzen verfangen sich zusammen etwa 40 000 Tonnen Haie und Rochen pro Jahr

Foto: Reuters

Haie gehören zu den ältesten Lebewesen. Sie existieren seit etwa 400 Millionen Jahren. Weltweit gibt es kein zweites Meere stier, das den Menschen mehr ängstigt. Es müßte aber umgekehrt sein. Nicht der Hai frißt den Menschen, sondern der Mensch den Hai.

Schätzungen von Meeresbiologen zufolge werden weltweit 30 bis 100 Millionen Haie jährlich getötet, um zum Beispiel den internationalen Bedarf an Haifleisch, Leberöl, Collagen und Haihaut zu decken. Außerdem nutzt die unersättliche Tiermastbranche Haie im Fischmehlzusatz für Futtermittel und die Pharma-Industrie Pulver und Pillen aus Haiknorpel als »Wunderheilmittel«, inzwischen auch in Deutschland zu haben. Unverbesserliche Urlauber nehmen immer noch ganze Haigebisse als Andenken aus den Tropen mit, und zu Hause, beim Fischladen um die Ecke, locken Bauchlappen und Rückenfilets vom kleinen Dornhai, bekannt als Schillerlocken. Und unter den täuschenden Namen »Karbonadenfisch«, »Kalbsfisch« und »Seestör« verbirgt sich an deutschen Fischtheken der Heringshai.

Das lukrativste Geschäft ist aber noch immer mit den abgeschnittenen Flossen der größeren Hai-Arten zu machen. Natur- oder Tierschutz spielen keine Rolle, wenn je Kilo Haifischflosse auf dem Weltmarkt Preise von bis zu 80 Mark erzielt werden. Ein Kilo Haifleisch bringt höchstens zwei Mark ein. Deshalb werfen Fi-

scher, die es nur auf die Flossen abgesehen haben, den »Rest« der nach der Amputation oft noch lebenden und langsam verendenden Meerestiere wieder über Bord.

Zusätzlich zur kommerziellen Ausbeutung zählen die Haifische zu den häufigsten Opfern der Treibnetz- und Langleinenfischerei. Denn weitere 30 bis 100 Millionen dieser Knorpelfische verenden »unabsichtlich« als Beifang der Krabbenund Thunfischindustrie. Als direkte Folge dieser unkontrollierten Haivernichtung ging die Population von einigen der über 350 bekannten Haifischarten im vergangenen Jahrzehnt um bis zu 80 Prozent zurück. Ein Teil der gefährdeten Arten wird nach Ansicht der amerikanischen Meeresbiologin Merry Camhi die nächsten zehn Jahre kaum überleben. Weil auch der nordamerikanische National Marine Fisheries Service (NMFS) die Bestände gerade der großen Küstenhaiarten

für überfischt hält, verringerten die USA jüngst die erlaubten Fangmengen. Und der NMFS verbot in den Gewässern der USA für fünf Knorpelfischarten, darunter der Weiße- und der Riesenhai, die kommerzielle Jagd gänzlich. Australien, Kanada und Neuseeland haben ebenfalls Schutzgesetze oder begrenzte Fangquoten für Haifische erlassen. In Südafrika ist seit 1991 ausschließlich der Weißhai geschützt. Allen anderen Fischfangnationen ist das Schicksal der Knorpelfische jedoch von untergeordneter Wichtigkeit. Die Welternährungskommission der Vereinten Nationen (FAO) hat noch nicht einmal genaue Zahlen über die echten Fangmengen. Weltweit werden die Haie bei der Zählung zusammen mit den anderen Knorpelfischen, den Rochen- und Chimärenarten, in einen Topf geworfen. Und von den knapp 1000 befischten Knorpelfischarten tauchen in den offiziellen Statistiken nur zehn Haie, neun

Rochen und eine Chimäre als Einzelart auf. »Das heißt, daß bei den Haien nur zwölf Prozent des (bei der FAO) gemeldeten Gesamtfangs bestimmten, genau genannten Arten zugeordnet werden können, bei den Rochen nur fünf Prozent«, stellt die Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg fest.

»Froschschenkel, Schildkrötensuppe und Walfleisch sind von Speisekarten der meisten Industrieländer verschwunden. Warum sollten (aber) für Haie und ihre Verwandten nicht Fischereiregulierungen und klare Produktausweisungen eingeführt und nicht möglich werden können, was aus ökologischen Gründen für kommerziell weitaus unwichtigere Tiere selbstverständlich ist?«, fragte bereits 1996 ein Wissenschaftler des Instituts für Seefischerei in Hamburg. Die Frage könnte nun vielleicht von der FAO beantwortet werden.

Infos: Peter Schott, Parteivorstand der PDS, Tel.. (030) 24009-0.

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