Zweitwohnungssteuer auch in Kleingartenanlagen?

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Das Bundeskleingartengesetz untersagt das Wohnen im Kleingarten. Ich bin Mitglied in einem Verein und habe nun eine Zahlungsaufforderung für Zweitwohnungssteuer bekommen. Darf sich eine Gemeinde über ein Bundesgesetz hinwegsetzen? Meine Laube hat weder Trinkwasseranschluss, noch ist sie beheizbar. Heinz B., 06886 Wittenberg Die Zweitwohnungssteuer gehört zu den vielen Unerfreulichkeiten, mit denen die Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung konfrontiert wurden. Sie wurde in den 70er Jahren in der damaligen Bundesrepublik Deutschland eingeführt, um Zweitwohnungen zu begrenzen und die dafür erforderlichen erhöhten Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. In den 90er Jahren wurde sie auch in Ostdeutschland eingeführt. Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer. Eine Aufwandsteuer ist sie deshalb, weil sie an eine Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf anknüpft, der eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Dabei muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht im Einzelnen festgestellt werden. Die Zweitwohnungssteuer ist eine örtliche Steuer, weil sie nur einen örtlich bedingten Wirkungskreis hat. Nach Artikel 105 Abs. 2 a des Grundgesetzes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Das ist bei der Zweitwohnungssteuer nicht der Fall. Sie beruht auf den Kommunalabgabengesetzen der Länder, auf deren Grundlage die Gemeinden ihre Zweitwohnungssteuersatzungen erlassen haben. In Ostdeutschland haben anfänglich formale Fehler dazu geführt, dass Zweitwohnungssteuersatzungen auch von den Gerichten nicht anerkannt wurden und teilweise neu erlassen bzw. geändert werden mussten. Diese Phase dürfte inzwischen überwunden sein. Der Begriff der Zweitwohnung sollte in den Satzungen definiert werden. Er wird im Allgemeinen recht weit gefasst. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat auf Grund einer Zweitwohnungssteuersatzung auch Campingwagen als Zweitwohnungen angesehen, obwohl sie nicht über Kochgelegenheit und sanitäre Einrichtungen verfügten, sondern weil diese sich in vertretbarer Nähe auf dem Campingplatz befanden. In der Satzung wurde eine Zweitwohnung sehr vage als jede Wohnung definiert, »die jemand außerhalb des Grundstückes seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfes innehat, insbesondere zu Ausbildungs-, Berufs- und Erholungszwecken«. (Urteil vom 23 November 2000, Az. A 2 S 334/99) Die Höhe der Zweitwohnungssteuer richtet sich üblicherweise nach der Höhe der tatsächlichen oder (im Fall der Eigen- oder unentgeltlichen Nutzung) üblichen Miethöhe. Sie sollte zehn Prozent davon nicht übersteigen. Staffelungen sind aber zulässig, die im Einzelfall zu unterschiedlichen Prozentsätzen führen. In Kleingartenanlagen ist die Erhebung von Zweitwohnungssteuern grundsätzlich nicht zulässig. Das folgt aus zwei Gründen: Zum einem besagt § 3 Abs. 2 S. 2 des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG), dass die in Kleingärten zulässige Laube nicht zum Wohnen geeignet sein darf. Es würde also der gesetzlichen Zielstellung widersprechen, wenn dennoch eine Zweitwohnungssteuer erhoben würde. Zum anderen besteht das soziale Ziel des BKleingG darin, Bevölkerungsgruppen der unteren und mittleren Einkommensschichten, darunter Familien mit Kindern, die Pachtung eines Kleingartens zu ermöglichen, weshalb auch Restriktionen hinsichtlich der Höhe der Kleingartenpacht bestehen. Deswegen kommt in der Pachtung eines Kleingartens gerade n i c h t eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck, die Voraussetzung für die Erhebung einer Aufwandsteuer wie der Zweitwohnungssteuer ist. Es hat aber verschiedentlich Versuche gegeben, auch in Kleingartenanlagen Zweitwohnungssteuern zu erheben. Diese konnten jedoch in einer Reihe von Fällen erfolgreich abgewehrt werden. Angesichts des Bestandsschutzes für übergroße Lauben mit relativ hohem Ausstattungsgrad in Ostdeutschland gemäß § 20 a Abs. 7 BKleingG muss auch weiter damit gerechnet werden, dass versucht wird, die Zweitwohnungssteuer auf Kleingartenanlagen zu erstrecken. Die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer ist bei Vorliegen einer dementsprechenden Satzung insbesondere in den Fällen zu befürchten, in denen einer Anlage auf Grund der einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes über die Kleingartenschädlichkeit bestimmter Bebauungen der Charakter einer Kleingartenanlage im Sinne des BKleingG abgesprochen worden ist. Prof. Dr. DIETRICH MASKOW, Rechtsanwalt, Berlin (Siehe auch Ratgeber Nr. 692 vom 18. Mai 2005)

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