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?a Berlin-Chemie will in Top-Ten

Gute Bilanz trotz Rußland-Krise / Ende 1999 soll Beschäftigtenzahl aufstand bei Privatisierung sein Von Steffen Schmidt

  • Lesedauer: 3 Min.

Der Ost-Berliner Pharmahersteller Berlin-Chemie erreichte auch 1998 wieder eine deutliche Umsatzsteigerung. Das ehrgeizige Ziel des Unternehmens: in dieTop-Ten des deutschen Pharma-Marktes vorstoßen.

Mit 12,5 Prozent liegt das Wachstum 1998 zwar unter der Rekordsteigerung des vergangenen Jahres, aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt des Marktes. Das zur italienischen Menarini-Gruppe gehörende Berliner Unternehmen konnte 1998 seinen Umsatz von 293 Millionen auf 330,1 Millionen Mark erhöhen, teilte der Vorstandschef Hansjürgen Neide vergangene Woche vor der Presse mit.

Damit blieb der Umsatz unter den Erwartungen. Der Einbruch auf dem russischen Markt infolge der massiven Rubel-Abwertung Mitte vorigen Jahres habe das Unternehmen rund 30 Millionen Mark Umsatz gekostet. Da gleichzeitig aber in den ostmitteleuropäischen Ländern der Absatz überdurchschnittlich stieg, hielten sich die Umsatzverluste im Export nach Angaben von Vizechef Peter Krauss in Grenzen. Im Inland wuchs der Umsatz mit 17 Prozent deutlich schneller. Besonders positiv bewertet Neide dabei das mit 54 Prozent Zuwachs überdurchschnittliche Wachstum in den alten Bun-

desländern. Obwohl die Bilanz für 1998 noch nicht vorliegt, rechnet der Vorstandschef mit einem kleinen Gewinn unterhalb der Millionengrenze. Der Gewinn sei vor allem deshalb so niedrig, weil der größte Teil des Ertrags wieder investiert wird, erklärte der Berlin-Chemie-Chef. Das Unternehmen, so Neide, sei nach der Privatisierung nicht wie andere Ostfirmen zur verlängerten Werkbank der westlichen Konzerne geworden, sondern zu einem der vier Forschungsstandorte der Menarini-Gruppe. In Berlin ist die klinische und die Galenik-Forschung konzentriert. Letztere beschäftigt sich damit, wie ein Wirkstoff aus dem Medikament im Körper optimal aufgenommen wird.

Der Mutterkonzern verzichte im Interesse einer weiteren Expansion auf die Abschöpfung möglichst hoher Gewinne. Hier mache sich positiv bemerkbar, daß Menarini ein Familienunternehmen ist, das ohne Rücksicht auf die Dividenden von Aktionären längerfristige Ziele angehen könne. Die Italiener wollten mit ihrem deutschen Tochterunternehmen innerhalb eines Jahrzehnts unter die ersten zehn Pharmafirmen auf dem deutschen Markt kommen. Derzeit liegt Berlin-Chemie nach Neides Angaben auf Platz 36.

Berlin-Chemie rechnet im laufenden Jahr wieder mit einem höheren Wachstum. Der Arzneimittelabsatz soll um rund 20 Prozent steigen. Zusammen mit den Forschungsleistungen erwartet das Unternehmen einen Umsatz von über 400 Millionen Mark. Zugleich soll die Belegschaft von derzeit 1438 auf 1623 Mitar-

beiter anwachsen. Damit sei wieder der Stand von 1991 erreicht. Von den Beschäftigtenzahlen vor der Wende ist das Unternehmen allerdings in mehr als einer Hinsicht weit entfernt. Waren von den damals 2700 Beschäftigten mehr als zwei Drittel in der Produktion beschäftigt, haben sich die Verhältnisse heute umgekehrt. Während die Beschäftigtenzahl in der Produktion stagniert, wird der Personalbestand im Marketing auf 1071 aufgestockt. Ein wachsender Teil dieser Arbeitsplätze entsteht im Ausland. So will Berlin-Chemie den Sprung auf den chinesischen Markt schaffen und stellt in diesem Jahr 30 Pharmareferenten für die fünf größten Ballungszentren Chinas ein.

Ohnehin macht bei kleineren Unternehmen die Vermarktung von Fremdprodukten einen wachsenden Anteil des Geschäftes aus. So hat Berlin-Chemie derzeit 150 Co-Marketing-Verträge mit anderen Firmen. Dadurch könne das Unternehmen bei Diabetes-Medikamenten das vollständigste Sortiment auf dem deutschen Markt anbieten.

Der Erfolg von Berlin-Chemie basiert nicht zuletzt auf einer erneuerten Produktpalette. Zwar spielen DDR-Klassiker wie Analgin (heute Berlosin), Copyrkal und Eudorlin in Ostdeutschland und den osteuropäischen Märkten noch eine Rolle, doch macht das Unternehmen rund 50 Prozent seines Umsatzes mit Pharmaka, die in den vergangenen drei Jahren auf den Markt gekommen sind, hob Vorstandsschef Hansjürgen Neide hervor. 1999 sollen mindestens zwei neue Medikamente aus der eigenen Forschung dazukommen: ein neues schnellwirkendes Schmerzmittel sowie ein antivirales Medikament gegen Gürtelrose, das mit einem Bruchteil der bisher üblichen Dosierung auskommt. Für Ende 1999/Anfang 2000 ist auch die Einführung eines neuen Herz-Kreislauf-Präparats geplant.

Die Menarini-Gruppe mit Sitz in Florenz erzielte zuletzt in Europa mit 6000 Beschäftigten einen Umsatz von 2,2 Milliarden Mark.

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