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Betriebsaufspaltung kein Schlupfloch

  • Lesedauer: 2 Min.

in kleine Einheiten allein aus dem Grund aufspalten, mit dem Betriebsrat nicht über einen eventuellen Sozialplan reden zu müssen und betroffene Arbeitnehmer leer ausgehen zu lassen. Ein solcher Fall landete unlängst vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG).

Ein Großunternehmen hatte eine Tochtergesellschaft so gestückelt, dass in mehreren Betrieben jeweils unter 21 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Kündigungen wurden folglich ohne Versuch eines Interessenausgleichs realisiert - eben mit Hin-

weisauf die Kleinbetriebsklausel.

Weil ein betroffener Angestellter vor Gericht ging und den nach § 113 BetrVG fälligen Nachteilsausgleich einforderte, war als letzte Instanz das Bundesarbeitsgericht mit der Angelegenheit befasst. Der Arbeitgeber wurde zur Zahlung einer Abfindung gemäß § 113 Abs.3 BetrVG verurteilt (BAG-Urteil vom 8.Juni1999,Az.1AZR831/ 98).

Von besonderer Bedeutung ist die Urteilsbegründung, weil das BAG eine weitergehende Interpretation der Kleinbetriebs-

klausel vorgenommen hat. Der Arbeitgeber hätte, so das Gericht, mit dem (vorhandenen) Gesamtbetriebsrat der verschiedenen Kleinbetriebe des Unternehmens vor den Kündigungen einen Interessenausgleich versuchen müssen.

Die gesetzliche Regelung, die dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen nur in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern zugesteht, trage dem Umstand Rechnung, dass Kleinbetriebe häufig weniger belastungsfähig seien. Dasseiaberin Kleinbe-

trieben, die einem größeren Unternehmen angehören, anders zu sehen. Insofern bedürfe § 111 BetrVG der »ergänzenden Auslegung«.

Diese ergänzende Auslegung ist mit der Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung erfolgt. Arbeitgeber können sich künftig nicht der Aufforderung des Betriebsrats zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich verweigern, wenn der Betrieb mit weniger als 21 Beschäftigten einem Unternehmen mit zusammen weit mehr Beschäftigten angehört. Es ist also beim Kriterium Beschäftigtenzahl nicht auf den Einzelbetrieb, sondern auf das Gesamtunternehmen abzustellen.

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