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Freispruch für Safwan Eid

Keine Beweise im Revisionsverfahren um Brand in Asylbewerberheim 1996 Von Jörg Meyer, Lübeck

  • Lesedauer: 2 Min.

Der wegen des mutmaßlichen Brandanschlags auf ein Lübecker Asylbewerberheim im Januar 1996 angeklagte Safwan Eid wurde gestern erneut freigesprochen.

Nach dem Freispruch: Safwan Eid und seine Verteidigerin Gabriele Heinecke

Foto: dpa/Pfeiffer

Dem Libanesen Eid war vorgeworfen worden, er habe wegen eines Streits mit Mitbewohnern den Brand im Lübecker Asylheim gelegt, bei dem am 18. Januar 1996 zehn Menschen ums Leben kamen. Bereits im September 1996 war er vom Lübecker Landgericht nach 60 Verhandlungstagen »aus Mangel an Beweisen« freigesprochen worden. Jedoch hatte der Bundesgerichtshof eine Wiederholung des Verfahrens anberaumt, weil die Abhörprotokolle aus Eids Untersuchungshaft im ersten Verfahren nicht als Beweismittel verwendet worden waren.

Der gestrige Freispruch ging in der Begründung weit über das erste Urteil hinaus. Richter Strebos sagte, die Abhörprotokolle seien »in ihrer Gesamtheit eher als den Angeklagten entlastende Indizien« zu werten. Die erneute Verhandlung habe nicht nur keine beweiskräftigen Indizien gegen Eid zu Tage gefördert. Es gebe im Gegenteil nunmehr »gewichtige Argumente, die für die Unschuld des Angeklagten« sprächen.

Mit dem Freispruch für Safwan Eid sieht die Justiz das Verfahren, vorbehaltlich eventueller Revisionsanträge, als abgeschlossen an. Zwar sei es für die Neben-

klage »nachvollziehbar unbefriedigend«, dass kein Täter ermittelt werden konnte, sagte Richter Strebos. Jedoch könne und dürfe eine Strafkammer »keine weiteren Beweise gegen nicht Angeklagte erheben«. Das sei Aufgabe von Ermittlungsbehörden. Die Kammer habe lediglich über Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu entscheiden. So habe es sich verboten, das Verfahren fortzuführen, als absehbar war, dass' gegen den Angeklagten keine beweiskräftigen Indizien vorlagen.

Trotz des Freispruchs bleibt der Prozessausgang nicht nur aus der Sicht der Nebenkläger unbefriedigend. Aus Gründen der »Prozessökonomie« waren nur Indizien und Zeugen gegen Eid zugelassen worden, um deren Beweiskräftigkeit zu prüfen und nunmehr zu verwerfen. Dadurch hatte die Verteidigung keine Gelegenheit, auf die vielfältigen Ermittlungs-»Pannen« bei der Verfolgung der vier tatverdächtigen Neonazis aus Grevesmühlen hinzuweisen und dort neue Ermittlungen zu fordern. Kommentar Seite 8

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