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Im Lager Wuhlheide starben Tausende

Lichtenberger Erinnerungen an Zwangsarbeiter Von Hans-Jürgen Neßnau

  • Lesedauer: 2 Min.

Eine Ausstellung und eine Dokumentation über Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg bereitet derzeit das Lichtenberger Heimatmuseum vor. In mehrjähriger Projektarbeit befasste es sich mit dem Schicksal der aus vielen Ländern zur Sklavenarbeit genötigten Frauen, Männer und Kinder. Bislang vorliegende Ergebnisse wurden gestern im Rathaus vorgestellt.

Es sei erschreckend, wie flächendeckend die Lager im Bezirk errichtet wurden, resümierte die Leiterin des Museums, Christina Steer. 90 Standorte seien gefunden worden, aber auch Unternehmen, städtische Versorgungseinrichtun-

gen, die Reichsbahn, landwirtschaftliche Betriebe bis hin zu den Großkonzernen. Die Unterlagen zeigten, ergänzte Bezirksbürgermeister Dr. Wolfram Friedersdorff (PDS), dass die Aceta-Seidenspinnerei der IG-Farben in der Hauptstraße und die Knorrbremse AG in der Neuen Bahnhofstraße massiv in die Ausbeutung verwickelt waren. Zwangsweise beschäftigt wurden bei Aceta auch viele Jüdinnen.

Untergebracht waren die Fremd- und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangenen in 18 Lagern von 600 bis 1600 Personen, in vier Reichsbahnlagern und sechs Kriegsgefangenenlagern. Die einzelnen Volksgruppen seien in den Lagern isoliert worden, um jeden Keim von Solidarität sofort ersticken zu können. Steer- »In den Sterbebüchern des Oskar-Ziethen-Kran-

kenhauses fanden wir viele Hinweise auf gestorbene Säuglinge.« Lebensschwäche und Frühgeburt werden oft als Ursache genannt. Krankheiten wie Masern und Lungenentzündung grassierten, denn die Baracken waren zumeist nicht beheizt.

Ab April 1940 existierte in Lichtenberg darüber hinaus ein damals in Berlin neuartiges Disziplinierungsinstrument für Arbeitskräfte, die im Urteil des NS-Regimes als »arbeitsscheu« galten. In dem von der Gestapo eingerichteten »Arbeitserziehungslager Wuhlheide« wurden 30 000 Menschen, darunter viele Zwangsarbeiter, gequält. 3000 starben. Die BW, erinnerte Friedersdorff, habe beschlossen, am Ort des Geschehens zwei Stelen zum Gedenken (am 19 April 2000) aufzustellen.

Auch in Lichtenberg hätten viele Firmen während der Nazidiktatur von Zwangsarbeitern profitiert. Es sei höchste Zeit und eigentlich viel zu spät, dass eine wenigstens materielle Entschädigung für Unrecht und Leid von ehemaligen Zwangsarbeitern auf den Weg gebracht wird. Die PDS-Fraktion wird am 15. Dezember einen entsprechenden Antrag einbringen.

Das Heimatmuseum sucht noch Zeitzeugen für die Gestaltung der Ausstellung, die im Herbst 2000 eröffnet wird. Infotelefon: 57 79 46 53.

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