Ökonomie vor Politik

Kommentar von Katja Herzberg

  • Lesedauer: 1 Min.

Wenigstens hatten die EU-Verträge bis zu dem von Lissabon 2007 vorgegeben, dass die politische Union Europas im Vordergrund des Zusammenschlusses EU stehe. Nun, in der größten Krise des Wirtschaftsraums, sollen Reformen einzig im ökonomischen Sektor erfolgen. Gestritten wird über Eurobonds, Fiskalunion und Euro-Rettungsfonds. Nach den Plänen des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, sollen Regierungen einzelner Euroländer nun »individuelle vertragliche Vereinbarungen« mit den EU-Institutionen schließen. Aus Empfehlungen sollen so Vereinbarungen werden, um zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion zu kommen.

Damit bekommt die EU vielleicht ihre wirtschaftlichen Probleme in den Griff, doch sie entfernt sich noch weiter von den Bürgern, für die sie zu arbeiten vorgibt. Dass die Menschen keine Lust auf Eurokratie haben, zeigten sie bereits in der Diskussion um den Verfassungsvertrag 2005. Die ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden holten die verantwortlichen Politiker aber nicht von ihrer EU-Wolke. Sie vertieften schon damals die eigentliche Krise, die des Vertrauensverlustes in ein gemeinsames Europa. Die EU regelt immer mehr, aber die Bürger verstehen immer weniger davon und wissen längst nicht mehr, was die politische Idee einer Europäischen Union sein kann. Aber wie schon immer in der Geschichte der EU gehen die ökonomischen Interessen Einzelner vor. Van Rompuys Papier zeigt dies deutlicher denn je.

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