Wo Max die Besucher verängstigt

Das südschwedische Skåne bietet spektakuläre Naturerlebnisse zu Wasser und zu Lande

Dem kleinen Nils Holgersson, der einst mit den Wildgänsen reiste, erschien seine südschwedische Heimat aus luftiger Höhe wie ein gewürfeltes Tuch. Auf dem Rücken des zahmen Gänserichs Martin sitzend, sah Nils eine bunte Mischung aus Wäldern, Wiesen und Seen. Als ihm die Gans Akka mitteilte, er könne wegen guter Führung in einen Menschen zurückverwandelt werden, war er enttäuscht und entschied sich dafür, lieber weiter als Däumling mit den Gänsen durch Schweden zu reisen.

Er kam auch nach Kullaberg und durfte am Treffen der Tiere mit friedlichen Spielen und dem »großen Kranichtanz auf dem Kullaberg« teilnehmen. Alle Tiere versammeln sich dort heute nicht mehr auf einmal. Doch so der Wind mitspielt und das Meer ruhen lässt, damit die Boote starten können, kann man Schweinswalen »Auge in Auge« gegenüberstehen. Uns war der Wind nicht wohlgesonnen. Björn und Sören scherte das wenig. Sie saßen seit Tagen an einer geschützten Stelle im Kullagebirge und blickten mit Ferngläsern gen Himmel. Neben ihnen dicke Fachbücher, sie waren auf der Pirsch nach seltenen Vögeln.

Das Kullagebirge ist eine Felsformation mit Erhebungen bis 187 Meter, schroffen Schluchten und dunklen, hervorspringenden Felsen - blankgescheuert vom peitschenden Wasser. Das wilde Stück Küste um Kullaberg ist seit 1971 Naturreservat. Wanderwege führen durch die nach Norden steil aufragende Klippenlandschaft. Im Besucherzentrum »Naturum« neben dem Leuchtturm Kullen wird jeder Wanderfreund fachkundig beraten.

Bei Kullaberg, erfahren wir von unserer Begleiterin Nan, gibt es eine besondere Attraktion - die Findus-Erbse. »Sie ist die beste Erbse der Welt. In der Erntezeit gibt es ganztägige Erbsen-Safaris mit Erbsenessen zum Abschluss. Zuvor bekommt jeder eine Tüte und kann soviel Erbsen pflücken, wie er tragen kann.«

Das herbstliche Skåne ist ein Paradies für Naturfreunde, die dem Faulenzen am Strand nichts abgewinnen können und sich gern bewegen. So über die Insel Hallands Väderö - übersetzt: Wetterinsel. Sie ist 3,2 Kilometer lang und an der schmalsten Stelle 650 Meter breit. Auf der Fahrt von Torekov zu dem vor der Westküste Schwedens zwischen Halmstad und Helsingborg gelegenen Eiland peitschen die Wellen und lassen das kleine Fährschiff kräftig schaukeln. Doch die Robben auf den Felsen vor der Insel stört das wenig. Sie sitzen da, als seien sie das Empfangskomitee für die Inselbesucher. Das Fleckchen Erde hat keine ständigen Bewohner mehr, doch Naturfreunde kommen täglich. Ranger John Henrysson führt uns durch einen unglaublichen Reichtum an Pflanzenarten. Hier befindet sich eine der größten Laubwaldpopulationen Schwedens, erzählt John. Im Säulenbuchenwald sind alle Bäume rund 300 Jahre alt. Der Weg über die Insel führt durch Gestrüpp, Sümpfe und über Baumstämme. Einer davon hat »Filmgeschichte geschrieben«. Hier saß Ronja Räubertochter vor der Kamera und traf ihren Freund Birk Borkasohn. Im »Haus des Lotsen«, dem ältesten Haus der Insel, gibt es ein Museum.

Wären Nils und Martin über den Ingelbo-Elchpark bei Västa Torup geflogen, hätte sie Max sicher erschreckt. Der Elchbulle verfing sich mit seinem Geweih im Maschendrahtzaun, der ihn glücklicherweise von den Besuchern trennte. Beim Befreiungsversuch geriet er dermaßen in Rage, dass wir schon mal nach Fluchtwegen suchten, sollte der Zaun ... Kaum befreit, jagte Max der Elchkuh hinterher, die sich eiligst mit ihren Kälbern trollte. Die Laute, die der etwa 500 Kilogramm schwere Max von sich gab, klangen wie lautes Motorengeheul. Es ist Brunftzeit und Max sehr nervös und aggressiv. So aggressiv, dass Ingmar und Eleanor auf ihrer Website schreiben: »Leider müssen wir den Park für diese Saison mit unmittelbarer Wirkung schließen. Max, unser Elchbulle, ist etwas zu aggressiv geworden.« Eleanor kam vor Jahren aus Kanada, um Schwedisch zu lernen und das Dorf zu sehen, aus dem ihre Ur-Ur-Großeltern stammten, die einst nach Amerika auswanderten. Sie lernte Ingmar, einen Ur-Ur-Ur-Großcousin, kennen, heiratete ihn und blieb.

Bevor es Abschied nehmen von Skåne heißt, ist ein Besuch in Malmö zu empfehlen. Durch die drittgrößte Stadt Schwedens führen 400 Kilometer Radwege. Längst lief das Rad Bus und Auto den Rang ab. Inzwischen bekam das Rad Konkurrenz von einem neumodischen Gefährt, dem Segway - einem Elektroroller. Doch man sollte schon schauen, wo man sich hinrollen lässt: Firmenchef Jim Hesselden starb 2010 mit dem Segway beim Absturz von einer Klippe ...

Moderne Architektur verdrängt das Image einer alten Industriestadt. Und die Öresundbrücke, die Malmö mit Kopenhagen verbindet, ist nicht mehr der bekannteste Bau. Sie bekam schiefe Konkurrenz vom »Turning Torso«, einem Haus, das sich 190 Meter hoch über dem Öresund in den Himmel schraubt und wirkt wie ein gedrehter menschlicher Körper - ein Werk des spanischen Architekten Santiago Calatrava.

Infos

Nach Südschweden fährt man u. a. mit »Nils Holgersson« oder »Peter Pan«, zwei Fähren von TT-Line. Sie verkehren zwischen Travemünde und Trelleborg. Auch von Rostock aus gibt es Fähren nach Trelleborg: Buchung und Infos: TT-Line, Zum Hafenplatz 1, 23570 Lübeck-Travemünde. Tel.: (04502) 801 81), www.ttline.com, E-Mail: buchung@ttline.com

Infos über Skåne (Schonen), die südlichste Provinz Schwedens: www.skane.com

Segway-Touren durch Malmö und Kanufahrten auf dem Fluss Lödde bei Lomma: www.carlssonevent.se

Schweinswalsafari im Naturschutzgebiet Kullaberg: www.kullabergsguiderna.se

Insel Hallands Väderö: www.hallandsvadero.se

Campingplatz Torekov: www.firstcamp.se

Elchpark Ingelbo: www.ingelbomoose.se

Reiten: Westfield Pferdehof, www.westfield.nu

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