Ass im Ärmel

Silvia Ottow über Überlegungen, die Praxisgebühr abzuschaffen

  • Lesedauer: 2 Min.

Nein, es geht hier nicht um sachliche Überlegungen zu einer Patientengebühr, die seit ihrer Einführung im Jahr 2004 fast nur Kritik hervorrief und deren Befürworter immer weniger wurden, je länger man sie erhob und je mehr Erfahrungen damit gesammelt wurden. Es hatte sich ja schnell herausgestellt, dass sie den Finanzhaushalt der gesetzlichen Krankenkassen nicht nennenswert aufpeppen konnte, überflüssige Arztbesuche kaum verhinderte, dafür aber jenen ordentlich schadete, die arm und ohnehin gesundheitlich benachteiligt waren. Sprächen sachliche Argumente, hätte man das fatale Konstrukt spätestens Ende 2004 wieder einstampfen müssen.

Aber das wäre für die Politpokerer jammerschade gewesen. Hatten sie doch mit der Möglichkeit der Abschaffung der Praxisgebühr ein Ass im Ärmel, wie es nützlicher nicht sein kann, wenn man Politik nach dem Muster »Gibst du mir, dann gebe ich dir« macht. Man kann es schön benutzen, um die Zustimmung des Koalitionspartners zu offenkundigem Unsinn wie der Zuschussrente oder dem Betreuungsgeld zu ergaunern. Und nebenbei kann man noch so tun, als sorge man sich um die Menschen. Schließlich sind bald Wahlen. Mit den Patienten jedoch, die sich freuen, die Praxisgebühr loszuwerden, hat die ganze Chose nullkommanix zu tun. Die werden dafür vermutlich an anderer Stelle abkassiert. Oder an der gleichen, nur unter einem anderen Namen. Denn die Idee, bei jedem Arztbesuch etwas zu bezahlen, wird ja bereits diskutiert.

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