Kultur der Freiheit

Die Mozilla-Stiftung erweitert die Aktivitäten für Open Source

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Hinter dem Internetbrowser Firefox steht nicht nur eine Firma und nicht nur eine große Schar ehrenamtlicher Mitarbeiter, sondern auch eine Stiftung. Sie kümmert sich um die kulturelle Dimension der Freie-Software-Bewegung. Mit Michelle Thorne von der Mozilla-Stiftung sprach Ralf Hutter.
Michelle Thorne (27) ist bei der Mozilla-Stiftung für die globale Veranstaltungsstrategie und für Bildungsprojekte wie »Webmaker« zuständig.
Michelle Thorne (27) ist bei der Mozilla-Stiftung für die globale Veranstaltungsstrategie und für Bildungsprojekte wie »Webmaker« zuständig.

nd: Welchen Zweck hat die Mozilla-Stiftung?
Thorne: Unsere Stiftung fördert das offene Netz und hilft den Menschen, das Internet nach ihren eigenen Interessen und Leidenschaften zu nutzen. Mein Team arbeitet unabhängig von der täglichen Entwicklungsarbeit beispielsweise am Firefox. Wir organisieren Bildungsprojekte, die die Idee vom offenen Netz weiterbringen.

Wie groß ist die Stiftung?
Die Stiftung selbst hat 50 Mitarbeiter und ist über die halbe Welt verteilt. In Toronto sitzen die meisten Mitarbeiter und auch unser Chef. Außerdem sind wir in London, San Francisco, Berlin und ein paar anderen Städten präsent.

Was ist Ihre Aufgabe bei der Stiftung?
Ich bin für die Koordination globaler Veranstaltungen zuständig. Wir vertreten die These, dass Menschen viel besser lernen und Projekte umsetzen können, wenn sie nicht nur online miteinander arbeiten.

Eines unserer großen Events ist jedes Jahr das Mozilla-Festival mit mehreren hundert Teilnehmern - darunter Angestellte von Mozilla, aber vor allem viele Freiwillige. Auf dem »Moz-Fest« präsentieren wir unsere Arbeit aus den vergangenen Jahren und wagen einen Blick auf die kommenden.

Ihre Veranstaltungen dienen also der Produktentwicklung. Sie sollen die Leute zusammenbringen und Synergieeffekte erzeugen.
Die Veranstaltungen dienen zwei Zwecken: Bildung und Innovation. Ein Ziel ist, Menschen Grundwissen zur Gestaltung des Netzes zu vermitteln und ihnen beizubringen, wie sie das Netz nutzen können. Mozillas Ansatz, die Idee vom offenen Netz zu fördern, zielt auch auf Aktivierung. Wir wollen Leute befähigen, anderen beizubringen, wie sie zum Beispiel eine Website gestalten und programmieren können. Das ist der Bereich für Anfänger.

Darüber hinaus versuchen wir auf der Innovationsebene Entwickler mit Journalisten, Filmemachern und anderen Disziplinen zusammenzubringen, damit sie neue, offene Technologien umsetzen, die für das Zielpublikum ansprechend und brauchbar sind.

Wann und wo findet das nächste Festival statt?
Vom 9. bis 11. November in London. Einer der Schwerpunkte wird »Journalismus im Netz« sein. Dabei steht nicht im Mittelpunkt, Vorträgen zuzuhören, sondern in kleinen Gruppen Projekte zu entwickeln und dabei aufkommende Probleme zu lösen. Nach den zweieinhalb Tagen werden wir Prototypen gebaut haben.

Was genau?
Journalisten, Entwickler, Designer usw. werden zum Beispiel der Frage nachgehen, wie Amateurvideos aus dem Internet besser genutzt werden können und wie ein Nachrichtensender sie einbinden kann. Am Ende werden die Lösungen veröffentlicht und das Problem gegebenenfalls weiter bearbeitet.

Würde es bei diesem Beispiel eher um ein technisches Problem gehen, etwa um die Aufnahmequalität, oder um ein Rechercheproblem?
Das müssen wir herausfinden.

Also geht es zum Teil auch darum, erst mal die richtigen Probleme herauszufinden?
Ja. Das ist tatsächlich die größte Herausforderung: die richtigen Probleme zu artikulieren.

Aus welchen Weltregionen kommen die Teilnehmer?
Ein Drittel der 800 Menschen kommt aus Großbritannien, ein Drittel aus dem restlichen Europa und alle anderen aus Nordamerika und anderen Ecken der Welt.

Nun gibt es von Mozilla seit Mai das große Projekt Webmaker. Was steckt dahinter?
Webmaker erklärt dem Betrachter Aufbau und Struktur einer beliebigen Internetseite. Die Idee zu Webmaker entstand aus der Frage, wie viele der Millionen Internetnutzer überhaupt wissen, wie sie das Internet selbst gestalten können, wie sie einen Link setzen, eine Website anlegen können.

Wir sind der Meinung: Wenn mehr Leute diese Grundbausteine des Netzes kennen, dann haben wir weltweit viel aktivere Internetnutzer, die nicht mehr nur konsumieren, sondern auch aktiv mitgestalten. Im heutigen Zeitalter spielt es eine wichtige Rolle für die Selbstverwirklichung jedes Individuums, dass es nicht nur lesen, schreiben und rechnen kann, sondern auch ein bisschen programmieren.

Mit Webmaker haben wir ein Werkzeug online gestellt, das den Code hinter einer Internetseite auf eine leicht verständliche Weise darstellt. Jeder kann diesen dann kopieren und bearbeiten, und sieht, was sich dadurch verändert. Der Lerneffekt dabei ist enorm.

In einer offiziellen Mozilla-Stellungnahme heißt es: »Es gibt keine Garantie dafür, dass das Internet offen bleiben wird.« Wie schätzen Sie die Situation ein?
Ich habe die Sorge, dass die Menschen nicht wissen, warum ein offenes, für jeden zugängliches und einsehbares Netz wichtig ist. Deswegen entwickeln wir Projekte wie Webmaker, die illustrieren, was schützenswert ist, wofür die Leute kämpfen können. Webmaker selbst würde nicht funktionieren, wenn das Internet nicht frei wäre und wenn es keine offenen Standards gäbe. Denn wenn das Netz von nur ein paar Firmen kontrolliert wäre, dann wären die Codes nicht frei zugänglich, weder zu bearbeiten, noch zu verbessern.

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