Finanzminister sehen sich wieder

Pünktlicher Start der EU-Bankenunion auf der Kippe / Spanien-Hilfen freigegeben

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Euro-Finanzminister haben die Hilfsgelder für marode spanische Banken freigemacht. Gestritten wird aber noch über die geplante europaweite Bankenaufsicht.

Die Finanzminister der Eurozone konnten bei ihrem Treffen am Montagabend in Brüssel den Punkt spanische Bankenrettung schnell abhandeln, während die EU-Finanzminister bei ihren Beratungen in der zentralen Frage einer Bankenunion nicht weiter kamen. Insbesondere der Streit über die geplante europaweite Aufsicht blieb ungelöst. Die zypriotische Ratspräsidentschaft machte zwar Fortschritte aus, doch Finanzminister Vassos Shiarly gab bekannt, dass am Donnerstag kommender Woche weiter verhandelt werden müsse. Dabei sollte es in diesem Jahr eigentlich keine weiteren Treffen mehr geben.

Anders als bei der Bankenunion konnte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker bei der Stützung maroder spanischer Banken Vollzug verkünden: 39,5 Milliarden Euro werden lockergemacht. Das Geld soll schon kommende Woche fließen. Erst kurz vor dem Treffen hatte Spanien eine konkrete Antragssumme genannt; grundsätzlich waren dem Land dafür bis zu 100 Milliarden Euro genehmigt worden. Den Löwenanteil erhält mit fast 18 Milliarden das viertgrößte spanische Geldhaus, die erst im Frühjahr verstaatlichte Bankia. 2,5 Milliarden Euro sind zudem für die »Bad Bank« des Landes vorgesehen, in die faule Immobilienkredite auslagert werden. Wie erwartet, wird es bei der jetzt freigegebenen Summe nicht bleiben. Laut Wirtschaftsminister Luis de Guindos werden weitere 1,5 Milliarden Euro für vier weitere angeschlagene Sparkassen benötigt, wovon España-Duero den Löwenanteil braucht. Auch sie hatte schon einmal eine halbe Milliarde vom staatlichen Rettungsfonds FROB erhalten, der auch die Euro-Rettungsmittel verwalten wird. Dass dieses Geld nicht mitbeantragt wurde, hängt mit dem Streit über die Bankenaufsicht zusammen. Erst wenn diese steht, soll eine direkte Stützung maroder Banken über den dauerhaften Rettungsschirm ESM möglich sein, was Spanien anstrebt. Damit würde sich die Staatsverschuldung nicht noch weiter erhöhen. ferner hofft Madrid auf weichere Auflagen und weniger Kontrolle.

Immer mehr Experten gehen aber davon aus, dass wegen der Rezession und der weiter steigenden Arbeitslosigkeit, die immer neue Kredite faul werden lässt, nicht einmal die Summe von 100 Milliarden Euro ausreichen wird. Inzwischen sind nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat mehr als sechs Millionen Spanier arbeitslos, die Quote liegt bei über 26 Prozent.

Auch dass die EU-Bankenaufsicht wie geplant bis zum Jahresende in trockenen Tüchern ist, wird bezweifelt. Zu den vielen offenen Fragen gehört, ob die Europäische Zentralbank (EZB) alle 6000 Banken des Euroraums beaufsichtigen soll. Deutschland will die Aufsicht über Sparkassen und Volksbanken in nationaler Kontrolle belassen. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici meinte dagegen, Paris strebe eine Aufsicht an, die »alle Banken umfasst«. Dass die EZB eine völlig neue Aufgabe erhalten soll, ist ebenfalls umstritten. Sie zum Kontrolleur zu machen, soll den Vorgang beschleunigen. Der Aufbau einer eigenen Aufsicht würde länger dauern, ist aber noch nicht vom Tisch. So betonte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter, dass beim EU-Gipfel nur eine »Beteiligung der Zentralbank« beschlossen worden sei.

Ebenfalls noch nicht entschieden wurde über das Hilfsprogramm für Zypern in Höhe von etwa 17,5 Milliarden Euro. Die Euro-Finanzminister werden nächste Woche zudem über Forderungen aus Portugal und Irland beraten müssen: Beide Länder meinen, dass die für Griechenland beschlossenen Erleichterungen beim Schuldendienst nach dem »Prinzip der Gleichbehandlung« auch auf sie angewendet werden müssen.

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