Länder beantragen NPD-Verbot
Riexinger und Steinmeier fordern ein Nachziehen des Bundestags
Neun Jahre ist es her, dass der erste Versuch, die NPD zu verbieten, am Bundesverfassungsgericht scheiterte, weil V-Leute des Verfassungsschutzes in den Führungsgremien saßen. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) argumentierte am Freitag im Bundesratsplenum dennoch als Einziger gegen ein Verbot, das auch er als »legitim« ansieht.
Der Rechtsextremismus verschwinde dadurch nicht automatisch, so Hahn. Angesichts der angeschlagenen Finanzen und des prekären organisatorischen Zustandes der Partei dürfte es schwer sein, den Nachweis der Gefährlichkeit zu führen. Er sehe auch das Risiko, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof ein deutsches Verbotsurteil kassiere, was der NPD dann erst recht Auftrieb verschaffe.
Der CDU-Innenminister von Mecklenburg, Lorenz Caffier, widersprach: Dem neuen Verbotsantrag lägen die Kriterien zugrunde, die sich aus dem Karlsruher Urteil von 2003 ergeben hätten. So seien alle V-Leute in den Führungsgremien abgeschaltet worden, das vorliegende 1000-seitige Dossier, das den »aggressiv-kämpferischen«, verfassungsfeindlichen Charakter der Partei beweisen soll, sei ausschließlich aus öffentlichen Quellen zusammengestellt worden. Ein Verbot würde die NPD von ihrer wichtigsten Geldquelle, der staatlichen Parteienfinanzierung, abschneiden. Die Partei habe auch keine Chance, sich auf die europäische Menschenrechtskonvention zu berufen, weil diese nicht diejenigen schütze, die die Menschrechte abschaffen wollen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) erklärte die Neonazis zu »Feinden der Republik«.
Während die Bundesregierung erst im März 2013 über einen Verbotsantrag entscheiden will, fordert SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern. Auch LINKE-Chef Bernd Riexinger forderte die Bundestagsparteien auf, »überparteilich Null Toleranz für Nazis zu sagen«.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warnte dagegen vor einem Verfahren. Die Risiken seien größer als die erhofften Vorzüge. Für die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sind »die Geheimdienste die größte Schwachstelle im Verbotsverfahren.« Die Verquickungen des Sicherheitsapparates mit der Naziszene seien gerade im Zusammenhang mit den NSU-Morden zutage getreten.
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