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Unerlaubte Werbeanrufe nerven Verbraucher

Abzocker geben sich dreist als Verbraucher- oder Datenschützer aus

  • Lesedauer: 3 Min.
Lästige Werbeanrufe sind längst gängige Praxis geworden, obwohl Unternehmen Verbraucher nur mit deren ausdrücklicher vorheriger Zustimmung anrufen dürfen. Die Verbraucherzentralen belegen in einem Bericht immer aggressivere und perfidere Methoden.

Zwar konnten sie einzelne Anbieter mit rechtlichen Schritten stoppen, doch Verbraucher müssen spürbar vor unerlaubter Telefonwerbung geschützt werden. Die Verbraucherzentralen fordern, dass im Bundestag endlich der Gesetzentwurf auf den Tisch kommt.

Anrufer verspricht sogar Hilfe gegen Werbeanrufe

Unerwünschte Anrufe und dabei untergeschobene Verträge stellen nach wie vor eine unzumutbare Belästigung für viele Menschen dar. Dies bestätigt eine bundesweite Befragung der Verbraucherzentralen der Länder, bei der 8892 Ratsuchende detailliert Auskunft über Gesprächsinhalte und Methoden gaben.

»Jeweils ein Drittel der Anrufe sind neben den klassischen Gewinnspielangeboten nun Hilfeversprechen gegen Werbeanrufe, Inkassodienste oder bei Vertragskündigungen. Die Abzocker geben sich dreist als angebliche Verbraucherschützer, Datenschützer, Anwälte oder Behörden aus«, sagt Gabriele Emmrich, Juristin der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. »Dabei werden Betroffenen kostenpflichtige Verträge untergejubelt oder persönliche Daten entlockt.«

Jeder achte Werbeanrufer nutzte das Vertrauen in die Verbraucherschützer aus und stellte sich als »Verbraucherzentrale«, »Verbraucherschutzverein« oder »Verbraucherschutzstelle« vor. Häufig schalten sie sogar die echte Telefonnummer der jeweiligen Einrichtung im Display vor, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Bei der Umfrage beschrieben die Angerufenen die Werbeanrufe »als lästig und immer aggressiver«.

Rechtliche Erfolge wirken nur begrenzt. In mehreren Fällen haben der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen der Länder durch Abmahnungen oder Klagen die Verbraucherinteressen gegen unerlaubte Telefonwerbung durchgesetzt. Doch solche Erfolge bleiben punktuell und bieten keine Garantie, dass sich Unternehmen daran halten.

So hatte sich E-Plus nach einer Abmahnung durch den vzbv verpflichtet, Werbeanrufe künftig zu unterlassen. Obwohl bei Verstößen eine Vertragsstrafe vereinbart wurde, belästigte das Unternehmen weiterhin Kunden mit unerwünschten Angeboten und musste inzwischen 20 400 Euro zahlen.

Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung verschärfen

Der vorgelegte Bericht der Verbraucherzentralen zeigt einmal mehr, dass das Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung von 2009 nicht annähernd ausreichenden Schutz bietet. Deshalb fordert der vzbv schon seit Jahren weitaus strengere Regeln. Obwohl tagtäglich Tausende Verbraucher in ihrer Privatsphäre behelligt und unter Druck gesetzt werden, bleibt ein Referentenentwurf für das »Anti-Abzock-Gesetz« in der Schublade.

»Die Bundesregierung muss den Gesetzentwurf schnellstmöglich ins Parlament einbringen«, fordert vzbv-Vorstand Gerd Billen. »Um die Menschen endlich vor der immer aggressiveren Belästigung zu schützen, gehört eine schriftliche Bestätigung für so angebahnte Verträge ebenso ins Gesetz wie schärfere Sanktionen gegen hartnäckige Rechtsverletzer.«

Zu den vzbv-Forderungen gehört auch eine Bestätigungslösung: Ein Vertrag, der im Rahmen eines unerlaubten Telefonanrufes abgeschlossen wird, darf nur dann wirksam werden, wenn Verbraucher diesen zumindest in Textform bestätigt haben. Eine sektorale Lösung - lediglich bezogen auf reine Gewinnspieldienste - reicht nicht aus. Nötig seien verschärfte Änderungen des Bußgeldrahmens sowie sogenannte Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich besonders auf solche Gesetzesverstöße konzentrieren können. Die Gewerbeordnung müsse so verschärft werden, dass auffälligen Telefonabzockern die Gewerbeerlaubnis entzogen werden kann.

Den Verbrauchern ist zu raten, auf jeden Fall keinerlei Zusagen am Telefon zu machen und auch keine Auskunft über persönliche Daten zu geben.

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