Spezialisten meiden Deutschland

Bei internationalen Fachkräften hat die Bundesrepublik einen schlechten Ruf

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Trotz aller Bemühungen bleibt die Bundesrepublik als Einwanderungsland für Akademiker und Facharbeiter aus Nicht-EU-Staaten weiterhin unattraktiv. Eine Studie der OECD nennt Gründe.

Die Bundesrepublik hat ein Imageproblem - zumindest bei internationalen Fachkräften. Dies zeigt ein am Montag veröffentlichter Bericht der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach seien die Hürden für Zuwanderer hierzulande zwar niedriger als in den anderen Industrienationen, trotzdem werde das deutsche Zuwanderungssystem im In- und Ausland als restriktiv wahrgenommen. Der stellvertretende OECD-Generalsekretär Yves Leterme lobte am Montag das deutsche Zuwanderungssystem als »eines der offensten in der OECD«. Doch allem Lob zum Trotz kommen pro Jahr nur etwa 25 000 Arbeitsmigranten aus Ländern außerhalb der EU und der Europäischen Freihandelsregion EFTA in die Bundesrepublik. Damit liegt man deutlich hinter Ländern wie Australien, Kanada oder England, die gemessen an der Bevölkerung fünf bis zehnmal so viele »beschäftigungsorientierte Zuwanderer« anlockten.

Das liegt auch an dem herrschenden Zwei-Klassen-System bei der Aufnahme von Arbeitskräften. Denn so großzügig das deutsche Einwanderungssystem bei akademischen Berufsbildern sei, erläuterte Leterme, so schwierig gestalte es die Zuwanderung bei Fachberufen, die keinen Hochschulabschluss voraussetzten. Das sei der eigentliche Grund dafür, dass vergleichsweise wenige ausländische Fachkräfte dauerhaft nach Deutschland kämen. Leterme forderte ein Ende dieses »Anwerbestopps mit Ausnahmen«. Die Bundesrepublik sollte einen Perspektivwechsel vornehmen und Arbeitsmigration unter »klar definierten Voraussetzungen« zulassen.

Der OECD-Vize betonte zudem, dass der Wohlstand Deutschlands in Zukunft wesentlich davon abhängen werde, »ob es dem Land gelingt, trotz seiner alternden Bevölkerung wettbewerbsfähig zu bleiben«. Es zeichne sich jetzt schon ab, dass im Jahr 2020 in Deutschland fast 40 Prozent weniger Menschen ins Erwerbsleben eintreten als in Rente gehen werden. »Dies ist der ungünstigste Wert im ganzen OECD-Raum«, so Leterme.

Schon jetzt können in einigen Bundesländern nicht alle freien Stellen mit entsprechend ausgebildeten Fachkräften besetzt werden. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums gibt es etwa in Baden-Württemberg 1270 offene Stellen und lediglich 322 geeignete Bewerber.

Der Fachkräftemangel wird auch für Ostdeutschland zunehmend zum Problem. Für die noch zu DDR-Zeiten ausgebildeten Spezialisten steht kaum Ersatz zur Verfügung. Auch weil der gut ausgebildete Nachwuchs in den Westen ging.

Die Otto-Brenner-Stiftung der IG Metall warnte schon 2010 »vor einem ausgeprägten, lang anhaltenden Fachkräftemangel auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt«. Und fürchtete einen neuen »Entindustrialisierungsschub«.

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