Stuttgart 21: Bund denkt an Ausstieg

Verkehrsministerium sieht derzeit keine Grundlage für Fortsetzung des umstrittenen Bauprojekts

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Berlin (nd). Das Bundesverkehrsministerium will offenbar keine weiteren Milliarden in das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 stecken und hat die Deutsche Bahn aufgefordert, über Alternativen nachzudenken. Das berichtet die "Stuttgart Zeitung" unter Berufung auf ein internes Dossier des Ministeriums. Darin wird auch auf die mögliche Verzögerung der Fertigstellung verwiesen: Der Bau, gegen den seit Jahren breiter Protest der Bevölkerung organisiert wird, würde frühestens 2024 fertig, falls sich die Genehmigungsverfahren weiterhin so in die Länge ziehen, wie das bisher der Fall war. Bisher war 2020 als Eröffnungsdatum angepeilt.

Das vertrauliche 15-seitige Dokument aus dem Haus von CSU-Minister Peter Ramsauer sei für das Treffen der DB-Aufsichtsräte am Dienstag formuliert worden. Für die Bahn bliebe dem Bericht zufolge das Projekt nur dann wirtschaftlich, wenn der Eigenanteil des Staatskonzerns an den Mehrkosten weniger als 1,8 Milliarden Euro betrage. Bereits bis jetzt sind die Kosten allerdings von ursprünglich geplanten 4,3 auf bis zu 6,8 Milliarden Euro gestiegen. „Die Argumente, eine weitere Finanzierung nicht abzulehnen, sind zu schwach“, zitiert die Stuttgarter Zeitung aus dem Ministeriums-Dossier. Für eine Zustimmung zur Position von Bahnchef Rüdiger Grube, Stuttgart 21 weiterzuführen, sehe der Bund als Bahn-Eigentümer „derzeit keine ausreichende Grundlage“.

Nach Angaben der Zeitung werde hier erstmals öffentlich, wie kritisch die drei Vertreter des Bundes im Bahn-Aufsichtsrat das Projekt S 21 inzwischen sehen. Dem Bahnvorstand wird vorgeworfen, den Aufsichtsrat zu spät, unzureichend und sogar falsch informiert zu haben. So sei es falsch, zu behaupten, die Gesamtfinanzierung von S 21 sei noch gesichert, zitiert das Blatt aus dem Dossier. Deshalb könne der Bund auch keine weiteren Zahlungen für das Projekt mehr freigeben.

Auf Spiegel online wird der Grünen-Verkehrspolitiker Anton Hofreiter mit den Worten zitiert, „spätestens jetzt müssen die Deutsche Bahn AG und die Bundesregierung Zahlen zu Stuttgart 21 auf den Tisch legen“. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Parlaments sagte, Schwarz-Gelb könne „sich nicht mehr hinter irgendwelchen Betriebsgeheimnissen oder Geheimhaltungsvorschriften verstecken“.

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