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Sträucher setzen Kohlenstoff frei

Schweizer Studie zeigt negative Folgen veränderter Vegetation in Mooren

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 2 Min.
Moore speichern weltweit fast so viel Kohlenstoff wie die gesamte Pflanzenwelt. Eine neue Studie zeigt aber, dass diese Speicherfähigkeit durch neu eingewanderte Pflanzen beeinträchtigt werden kann.

Moore gelten als wichtiger Kohlenstoffspeicher. Sie beherbergen rund um den Globus mehr als 550 Gigatonnen Kohlenstoff und damit kaum weniger als die Vegetation mit 600 Gigatonnen - und das, obwohl die Feuchtlandschaften nur drei Prozent der Landoberfläche bedecken. Viele Moore sind allerdings heute nicht mehr intakt.

Nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz sind in Deutschland beispielsweise 99 Prozent aller Nieder- und Hochmoore zerstört: Teils entwässert, um Torf zu gewinnen, teils, um dort Land- oder Forstwirtschaft zu betreiben. Dazu kommt der wachsende Eintrag von Stickstoffverbindungen aus der Luft. Die Auswirkungen haben Schweizer Forscher untersucht: Immer häufiger siedeln sich kleinere Sträucher auf Mooren an. Arten wie Heidel- und Moosbeere, Rosmarinheide sowie die Moor-Birke fühlen sich neuerdings dort vermehrt wohl.

Den Mechanismus, wie es zur Ausbreitung der Sträucher in den Hochmooren kommt, haben zwei Forscher der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Lausanne entdeckt. Wie sie im Fachjournal »Nature Climate Change« schreiben, gelingt es den Sträuchern, Stickstoff im Boden besser verfügbar zu machen. Dabei profitieren sie von winzigen Mykorrhizapilzen an ihren Wurzeln, die ihnen die Nährstoffe liefern. Parallel dazu, auch das stellten die Schweizer Forscher fest, geben die Gefäßpflanzen organische Substanzen an ihre Wurzeln ab, die wiederum Mikroorganismen im Boden zu einer höheren Zersetzungsaktivität anregen. Abhängig sind beide Prozesse von der Temperatur: »Je höher die Bodentemperatur, umso besser können die Pflanzen die Nährstoffe aufnehmen und desto mehr organische Substanzen geben sie ab«, sagt ETH-Professor Alexandre Buttler. Die Folge: Im Wettbewerb mit den Gefäßpflanzen ziehen die Moose den Kürzeren.

Für die außergewöhnliche Fähigkeit der Moore, Kohlendioxid zu speichern und damit das Klima zu schützen, verheißt das wenig Gutes. »Wenn weniger Torfmoose wachsen, steht weniger Torf zur Verfügung, um Kohlenstoff aus der Luft zu speichern«, sagt Buttler, der für seine Studien gemeinsam mit seinem Kollegen Luca Bragazza von der WSL vier Hochmoore in der Schweiz analysierte. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Zahl und Aktivität der Mikroorganismen im Boden auch jener Kohlenstoff entweicht, der seit Jahrhunderten dort gelagert wurde. »Torfmoore könnten somit von Kohlenstoffspeichern zu Kohlenstoffquellen werden und so die Klimaerwärmung unterstützen«, bilanzieren die Forscher.

Sträucher breiten sich in Mooren aus. Foto: Luca Bragazza/WSL

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