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Teures Pflaster für Gerechtigkeit

Angehörige der Opfer können auf Unterstützung beim NSU-Prozess hoffen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
An dem am 17. April beginnenden Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Unterstützer der NSU-Terrorzelle werden sich rund 60 Verwandte der Opfer als Nebenkläger beteiligen. Doch nur wenige von ihnen werden an der Verhandlung teilnehmen können. München ist ein zu teures Pflaster, um einen Hauch Gerechtigkeit zu erleben.

Rund fünf Wochen vor dem Beginn des Prozesses gegen ein Mitglied und vier Unterstützer des »Nationalsozialistischen Untergrundes« hält die Kritik an den geplanten Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht München an. Der Saal ist auch nach der erfolgten Platzoptimierung einfach zu klein. Es gibt nicht nur zu wenig Plätze für Medienvertreter, vor allem Familienangehörige der Opfer haben keine Chance, in den Gerichtssaal zu kommen. Auch offizielle türkische Stellen haben den Wunsch, an der Verhandlung teilzunehmen. Doch als Sebastian Edathy, Chef des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages, in der Türkei versprach, sich dafür zu verwenden, hatte er das Versprechen ohne den Richter gemacht. Der verbat sich brieflich jede Einmischung.

Es gehe darum, »Sensibilität gegenüber den Hinterbliebenen zu zeigen. Dafür hat das OLG bislang wenig Gespür gezeigt«, kritisierte jüngst Rechtsanwalt Jens Rabe, der gemeinsam mit seinem Kollegen Stephan Lucas Angehörige von Enver Simsek vertritt. Der türkische Blumenhändler aus Nürnberg war das erste Mordopfer des NSU. Während der Staat für die Rechtsanwälte sorgt und Hotelrechnungen bis zu 100 Euro pro Nacht akzeptiert, sah es für die Nebenkläger bislang düster aus.

Nun jedoch mag sich etwas ändern, sagt die Hamburger Rechtsanwältin Angela Wierig. Sie vertritt die Schwester des vom NSU ermordeten Süleyman Tasköprü. Anwältin Wierig erhielt gerade die Mitteilung, dass Angehörigen - so ihre Mittellosigkeit festgestellt wurde - einen Antrag auf Beihilfe stellen können. Das sei ein Novum in der Prozesspraxis, meint Angela Wierig. Auch Barbara John, die Ombudsfrau für die Angehörigen der Ermordeten, will sich für Unterstützung stark machen.

Die durchaus hilfreich sein kann, doch wenn der Prozess eröffnet wird, findet in München die »bauma«, eine international hochkarätige Baumaschinen-Messe statt. München ist ein teures Pflaster und in Messezeiten sind die Hotels noch teurer.

Auch die Anwälte von Beate Zschäpe und der angeklagten mutmaßlichen NSU-Helfer bereiten sich auf den Prozessbeginn vor. Auch medial. So stellte die »Thüringer Allgemeine« gestern Nicole Schneiders vor. Sie vertritt mit einem Cottbuser Kollegen Ralf Wohlleben. Dem wirft die Anklage Beihilfe zum Mord in neun Fällen vor. Er soll eine Waffe für den NSU besorgt haben.

Man schreibt freundlich über »die Frau mit den roten Haaren und der modischen Brille«, die »hinter einem dunklen Schreibtisch« sitzt. Sie bestreitet zu große Nähe zu Rechten und wolle auch gegen jeden juristisch vorgehen, der sie als Nazi-Verteidigerin beschimpfe.

Ob sie wohl auch bestreitet, unter ihrem Geburtsnamen Schäfer bis 2002 Stellvertreterin eines gewissen Ralf Wohlleben in der NPD gewesen zu sein, als der noch die Rechts-Außen-Partei in Jena geführt hat? Die Teilnahme an einschlägigen Demos war eine Jugendsünde, oder? Und die Veranstaltung zur »Friedenspolitik des Dritten Reiches«, an der sie teilgenommen haben soll, hatte natürlich nichts mit Geschichtsrevision zu tun.

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