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Außenseiter
Tarcisio Bertone / Vom Papst heftig protegiert, von der Kurie wenig akzeptiert
Der »beschränkteste Staatssekretär des 20. Jahrhunderts« - das war Angelo Sodano für den 1994 verstorbenen britischen Priester und Vatikan-Insider Peter Hebblethwaite. Ein Prädikat, das für das - obwohl noch junge - 21. Säkulum an Sodanos Nachfolger (ab 2006) im Amt des »Staatssekretärs Seiner Heiligkeit« vergeben werden könnte: Kardinal Tarcisio Bertone.
Bertones Amtszeit endete, wie die aller Beamten der Römischen Kurie, zeitgleich mit dem Pontifikat von Papst Benedikt XVI. am 28. Februar. Dennoch ist der 78-Jährige derzeit der mächtigste Mann im Kirchenstaat. Sein (irdischer) Chef hatte ihn 2007 nämlich auch zum Camerlengo (Kardinalkämmerer) ernannt. Damit obliegt dem Salesianer aus dem italienischen Piemont die Leitung der, allerdings sehr eingeschränkten, Regierungsgeschäfte in der Zeit bis zur Wahl eines neuen Papstes. Zwar wird Bertone selbst als »papabile« gehandelt, seine Positionierung auf dem Stuhl Petri gilt aber als sehr unwahrscheinlich. Was ihm vor allem fehlt, ist ein Beziehungsnetzwerk im Apparat der Kurie.
Grund dafür ist seine Außenseiterrolle. Der Moraltheologe und promovierte Kirchenrechtler war Jahrzehnte im Hochschuldienst tätig und wirkte zudem als Seelsorger in römischen Pfarreien. Die päpstliche Diplomatie als üblicher Durchlauferhitzer vatikanischer Karrierekleriker fehlt in der Biografie des als umgänglich und aufgeschlossen geltenden Kardinals, weshalb ihn viele Apparatschiks nicht als ebenbürtig betrachten.
In der Tat war Diplomatie nicht Bertones Stärke als Staatssekretär und damit De-facto-Regierungschef des Vatikans. Die Pleiten und Pannen des Ratzinger-Pontifikats werden fast sämtlich auch mit seinem desaströsen Agieren, Informieren bzw. Nicht-Informieren oder Missformulieren in Verbindung gebracht. So die Vertuschungs- und Abwiegelungsversuche im Missbrauchsskandal, die Krise um Pius-Bruderschaft und Holocaustleugner Bischof Williamson, die Querelen um die Vatikanbank, die Vatileaks-Affäre um den Diebstahl von Papstdokumenten. »Bertone bleibt«, war dennoch die stereotype Reaktion Benedikts. Diese Protektion ist nun perdu.
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