Schröders Agenda 2010 hat viele ärmer gemacht

Einigkeit über die Arbeitsmarktreform vor zehn Jahren herrscht zwischen SPD und LINKE bis heute nicht

Was die umstrittene Agenda 2010 betrifft, die ein Kanzler Gerhard Schröder (SPD) einst vorangetrieben hatte, so scheinen auch Brandenburgs Sozialdemokraten unbelehrbar zu sein. »Deutschland hat von der Agenda 2010 erheblich profitiert«, behauptet die Landtagsfraktion. »Die Reformen auf dem Arbeitsmarkt waren für viele Menschen schmerzhaft«, räumt Sprecher Matthias Beigel ein. Sie seien aber notwendig gewesen, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern.

Dergleichen Einschätzungen teilt der Koalitionspartner LINKE ausdrücklich nicht. Vermittels der Agenda sei die Gefahr sehr groß geworden, binnen kürzester Zeit von einem Leben auf normalem Standard in die Armut zu rutschen, sagte gestern die Landtagsabgeordnete Birgit Wöllert. Bei einem ständig wachsenden Anteil der Brandenburger sei diese Gefahr bittere Realität geworden.

»Die Bilanz dieser Politik ist verheerend«, erklärte Wöllert. 42 Prozent der Beschäftigten im Bundesland verdienen weniger als 1802 Euro brutto, ihr Einkommen liege also unterhalb der Niedriglohnschwelle. Und der Reallohn sei in den vergangenen Jahren gesunken. Die Aussichten der Betroffenen für die Rente seien als minimal einzustufen. Die angepriesene private Anlage sei ein Risiko und keineswegs eine »sichere Altersvorsorge«. Die LINKE fordert eine Mindestsicherung von wenigstens 500 Euro im Monat - zuzüglich der Kosten für die Unterkunft - und einen gesetzlichen Mindestlohn. Nicht zuletzt wegen Hartz IV war eine rot-rote Koalition nicht schon 2004 zustande gekommen. Ministerpräsident Matthias Platzeck galt damals als treuer Freund Schröders. Die LINKE stieg konsequent aus den Sondierungsgesprächen aus.

Völlig uneinsichtig zeigt sich die SPD indes nicht. »Keine Reform ist für die Ewigkeit gemacht«, sagt Fraktionssprecher Beigel zehn Jahre nach Beschluss der Agenda 2010. Die SPD kämpfe seit geraumer Zeit für den Mindestlohn, trete für eine gerechtere Steuerpolitik, soziale Sicherheit und Bändigung der Finanzmärkte ein.

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