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Eine Kommission soll es richten

Gremium wird bis 2015 Empfehlungen zur Endlagersuche geben

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Suche nach einem Endlager soll erst beginnen, wenn die Enquete-Kommission entsprechende Grundlagen erarbeitet hat. Allerdings sind Bund und Länder nicht an die Empfehlungen gebunden.

Nun soll also eine Enquete-Kommission die Grundlagen für eine erfolgreiche Endlagersuche erarbeiten. Das 24-köpfige Gremium hat dafür bis Ende 2015 Zeit. Seine Mitglieder kommen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, den Kirchen und von Umweltverbänden. Diese Zusammensetzung soll einen möglichst breiten Konsens ermöglichen. Oder wie Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag im ARD-Morgenmagazin sagte, sollen die Kriterien für ein Endlager »einvernehmlich« festlegt werden. Der Minister hat handfeste Gründe für die Einsetzung einer solchen Kommission: Er hoffe, so Altmaier, dass das Thema Endlagersuche nun aus dem Bundestagswahlkampf herausgehalten werde.

Schon jetzt ist klar: Ein von allen Seiten getragener Kompromiss dürfte schwierig werden. Das ist insofern wichtig, weil die eigentliche Suche nach dem Endlager erst beginnen kann, wenn sich die Kommission auf die dafür notwendigen Grundlagen geeinigt hat.

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2013 bis Ende 2015: Eine 24-köpfige Kommission mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erarbeitet in öffentlichen Sitzungen die Grundlagen der Suche. Dazu gehört der Punkt, ob Salz-, Ton- und Granitgesteine in Frage kommen oder ob es Präferenzen für eines davon gibt.

2016: Bundestag und Bundesrat arbeiten die Empfehlungen der Kommission in das Gesetz ein und beschließen, nach welchen Kriterien wie viele Standorte in die engere Auswahl kommen sollen. Anschließend wird eine Auswahl möglicher Endlagerregionen erstellt.

Folgejahre: Mehrere Standorte werden erkundet, auch mittels Probebohrungen. Am Ende sollen zwei aufwendig unter Tage erkundet werden. Kosten: je 500 Millionen Euro. Die noch aufzubauende Regulierungsbehörde übermittelt dem Umweltministerium die Auswahlvorschläge.

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Das Gremium könnte sogar Standorte ausschließen, etwa indem es bestimmte Gesteinsformationen als unsicher einschätzt. Sollte die Kommission etwa zu dem Ergebnis kommen, dass die Einlagerung in Salzformationen generell mit großen Risiken verbunden ist, wäre Gorleben als Standort vom Tisch.

Doch was immer die Kommission vorschlagen wird, Bund und Länder sind nicht an ihre Empfehlungen gebunden. Auch wenn Altmaier beteuert: »Wenn sie nach guten Beratungen zu guten Ergebnissen kommen wird, dann wird es ganz schwer sein, davon abzuweichen. Wir alle wollen, dass am Ende das Ergebnis von der Bevölkerung mitgetragen wird.«

Wer das Gremium leiten soll, ist zur Zeit noch nicht bekannt. Allerdings fällt oft der Name des früheren Bundesumweltministers Klaus Töpfer (CDU). Der erfahrene Töpfer hatte 2011 bereits jene von Kanzlerin Merkel eingesetzte Ethikkommission geleitet, auf deren Empfehlung der Atomausstieg bis 2022 beschlossen wurde.

Töpfer selbst wollte sich am Dienstag nicht zu den Spekulationen äußern: »Es geht jetzt um technische Herausforderungen, nicht um Personen«, sagte er dem ZDF-Nachrichtenportal »heute.de«. Der Ex-Minister lobte ausdrücklich den Sinneswandel der Politik, räumte aber ein, dass man die Öffentlichkeit zu spät eingebunden habe. Allerdings könne das nun beschlossene Vorgehen auch Vorbild für andere Länder sein, weil die Endlagerfrage nirgendwo auf der Welt gelöst sei.

Heftige Kritik am Vorgehen kam am Dienstag von der Umweltschutzorganisation BUND: Zuerst müsse eine Kommission die grundsätzlichen Fragen zur Endlagersuche klären, bevor ein Gesetz erlassen werde und nicht andersrum, so BUND-Chef Hubert Weiger. Das entsprechende Gesetz wollen Bund und Länder aber bereits jetzt verabschieden.

Zudem bemängelte Weiger, dass man den Standort Gorleben nicht ausgeklammert habe. »Solange das Salzbergwerk in Gorleben bei der Suche nach einem Endlager nicht ausgeschlossen wird, sind wir keinen Schritt weiter. Gorleben genügt keinen wissenschaftlichen Kriterien für ein Atomendlager und wurde allein aus politischen Motiven ausgewählt. Welche Gefahren von ungeeigneten Standorten für Atommülllager ausgehen, lässt sich am absaufenden Salzbergwerk Asse nicht weit von Gorleben sehr genau ablesen«, so der BUND-Vorsitzende.

Bleibt zu hoffen, dass die Kommission nicht das Schicksal des »Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte« teilen wird. Dieses Gremium war vom damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) 1999 ins Leben gerufen worden. Der nur mit Wissenschaftlern besetzte Arbeitskreis hatte ebenfalls die Aufgabe, allgemeine Kriterien für die Endlagersuche zusammenzustellen. Zudem sollten die Experten - darunter Geologen und Sozialwissenschaftler - ein geeignetes Suchverfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit erarbeiten. Am 17. Dezember 2002 übergaben sie ihren Abschlussbericht, doch umgesetzt wurden diese Vorschläge nie.

Auch damals gab es massive Kritik: Nicht nur am Arbeitskreis, sondern auch an den politischen Vorgaben von Rot-Grün. Auf Geheiß von Trittin durften sich die Experten nicht mit dem Salzstock Gorleben und dem geplanten Endlager Konrad befassen. So blieben die »nicht vertretbaren Optionen Gorleben und Konrad« bestehen, wie Greenpeace kritisierte.

Zudem hatte die SPD schon während der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen 1998 verlangt, die »Energieversorger aus der Finanzierung herauszuhalten«, berichtete Trittins Sprecher Michael Schroeren später. Auch jetzt ist nicht klar, ob sich die Konzerne finanziell an der Endlagersuche beteiligen werden.

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