Brunsbüttel als »Atomklo der Republik«?

Schleswig-Holsteins Umweltminister bietet Alternative zu Gorleben an

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Kieler Koalition steht grundsätzlich hinter dem Vorschlag, Brunsbüttel als Zwischenlager zu nutzen.

In und um Brunsbüttel ist man entsetzt, an der grünen Parteibasis auch: Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hat das Zwischenlager des vom Netz genommenen AKW Brunsbüttel als Zwischenlager für die aus der Wiederaufbereitung 2015 von Deutschland vertraglich abzunehmenden Castorbehälter ins Gespräch gebracht.

Der schleswig-holsteinische Landesverband der LINKEN fordert Habecks Rücktritt, weil er Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und den übrigen Ländern gegenüber Brunsbüttel als Zwischenlager angeboten hatte. Koalitionskollege Ralf Stegner (SPD) grummelte, dass Habecks Vorstoß wie eine Bewerbung geklungen habe. Altmaier nahm das Angebot jedenfalls dankend an und legte sich bereits fest, dass Brunsbüttel prädestiniert für die noch ausstehenden 26 Castoren aus dem französischen La Hague und dem britischen Sellafield sei. Ein geeigneter Seehafen, ein minimaler Landtransportweg bis auf das AKW-Gelände - für den Minister gibt es keinen besseren Gorleben-Ersatz.

Vor Ort fürchtet man, dass aus der Zwischen- womöglich eine Dauer- oder gar Endlösung werden könnte. »Um seinen Parteifreunden unliebsame Diskussionen zu ersparen, macht er Schleswig-Holstein zum Atomklo der Republik«, klagt die LINKE. Landessprecher Jens Schulz unterstellt Habeck Parteienkalkül. Für die LINKE ist Brunsbüttel grundsätzlich als Zwischenlager ungeeignet, weil man Sturmfluten oberhalb der Deichlinie nicht ausschließen könne.

Am Montag beriet der Kieler Koalitionsausschuss das Thema. Habeck erhielt Rückendeckung von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und vom Südschleswigschen Wählerverband. Offizielle Regierungslinie ist nun, dass Brunsbüttel nur grünes Licht erhält, wenn sich mindestens zwei weitere Länder mit Standorten an der Zwischenlagerung beteiligen. Zudem müsse der Bund einen Großteil der Folgekosten (etwa für Polizeieinsätze) übernehmen. Ein Antrag soll nächste Woche dem Landtag vorgelegt werden. Die FDP hat eine Debatte angemeldet, in der sie für ein Festhalten an Gorleben werben will.

Vorher muss sich Habeck aber seiner Basis stellen. Die Nord-Grünen haben für den 23. April einen Sonderparteitag in Neumünster einberufen. Der Minister hatte seinen Vorstoß ohne Parteivotum betrieben und muss nun auf nachträgliche Legitimation hoffen. Vor allem die Grünen aus Dithmarschen und Steinburg äußerten Unverständnis. AKW-Gegnern fehlt die klare Ansage, vor Entscheidungen zur Atommülllagerung alle Meiler abzuschalten.

Von der Bundespolizei war unterdessen zu erfahren, dass es bereits vor zwei Jahren an der Elbmündung Einsatzübungen mit einem Protestszenario von Seeseite gegeben hat.

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