Kapitän Schettino blieb auf Giglio

Erste Anhörungen zum Unglück der Costa Concordia

  • Wolf H. Wagner, Grosseto
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Montag hat die Voranhörung im Verfahren um das verunglückte Kreuzfahrtschiff Costa Concordia begonnen. Der Hauptangeklagte, Kapitän Schettino, muss sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

Am Morgen kam der Kapitän der Costa Concordia, Francesco Schettino, zur Prozesseröffnung nach Grosseto. Das Amtsgericht der südtoskanischen Provinzstadt ist die zuständige Instanz, weil die Insel Giglio in seinen Bereich fällt. Vor der Insel war das Schiff im Januar 2013 mit einem Felsen kollidiert, 32 Menschen starben.

Strafrechtlich wird Schettino und seinen fünf Mitangeklagten, darunter der Hoteldirektor der Costa Concordia, Manrico Gianpedroni, der Krisenmanager des Kreuzfahrtunternehmens Roberto Ferrarini sowie der indonesische Steuermann Jakob Rusli fahrlässige Tötung in 32 Fällen sowie die vorsätzliche Herbeiführung eines Schiffsunglücks vorgeworfen.

Doch bislang streitet der suspendierte Kapitän alle Vorwürfe ab. Er habe sich »heldenhaft und aufopferungsvoll« um die Passagiere gekümmert, viele Menschenleben gerettet, behauptet Schettino. Gegen ihn sprechen vor allem die Tonaufzeichnungen zwischen dem Hafenkommandanten von Livorno und dem Kapitän, der wenige Minuten nach der Kollision und dem Kentern der Concordia das Schiff verlassen hatte. Der Hafenkommandant befahl Schettino am 13. Januar 2012, unverzüglich an Bord seines Schiffes zurückzukehren und von dort die Rettungsarbeiten zu leiten. Der Kapitän weigerte sich und blieb auf Giglio.

Zum Auftakt des Verfahrens waren jedoch nicht nur die interessierten Pressevertreter vor dem höchst abgesicherten Teatro Moderno erschienen, in das man wegen des großen Interesses und des entsprechenden Platzangebots den Prozess hatte verlegen müssen. Zahlreich waren Betroffene sowie Familienangehörige der Todesopfer angereist. Während die Staatsanwälte Francesco Verusio und Annamaria Navarro dem Gericht die Strafanklage unterbreiten, werden parallel dazu von Seiten der Opfer Zivilklagen eingereicht. So fordert der Interessensverband »Giustizia per la Concordia« (Gerechtigkeit für die Concordia) eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 500 000 Euro für jeden Passagier, der von dem Unglück betroffen wurde. Als Zivilkläger tritt auch die Gemeinde von Giglio auf. Nach Vortrag ihres Anwalts Alessandro Maria Lecci habe die Insel »irreparable Schäden« erlitten. Giglio fordert einen Schadensersatz von 80 Millionen Euro.

Auch der Schiffseigner, die Gesellschaft Costa Crociere, kündigte an, zivilrechtliche Ansprüche gegen Schettino und die Mitangeklagten erheben zu wollen. So will die Gesellschaft Ersatz für das verloren gegangene Schiff erstreiten.

Die Anwälte der Opfer wollen jedoch nicht nur den Kapitän in die Verantwortung nehmen. Sie kündigten an, die Klagen auch gegen die Reederei und den Mutterkonzern Carnival erweitern zu wollen. Man sehe durchaus die Verantwortung für gewagte Manöver bei der Konzernführung. Deshalb, so der Mailänder Anwalt Cesare Bulgheroni, werde man bei Gericht in Grosseto den Antrag stellen, die Ermittlungen auch auf die Konzerne auszudehnen.

Nach Sitzungsschluss der ersten Anhörung hatte Richter Pietro Molino bereits die kommenden Prozesstage festgelegt. Vom 15. bis zum 24. April werden einschließlich des Wochenendes täglich Anhörungen stattfinden.

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