Bittere Steinkohle

Importe deutscher Energiekonzerne haben verheerende Folgen

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Transparente Lieferketten bei den Steinkohleimporten für deutsche Energieunternehmen? Fehlanzeige. Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Urgewald und FIAN stellten am Dienstag in Berlin ihre Recherche »Bitter Coal - Deutschlands Steinkohleimporte« vor.

Über 75 Prozent der Steinkohle, die von den Energieunternehmen RWE, E.on, STEAG, EnBW und Vattenfall verfeuert wird, stammt aus Minen aus dem Ausland, in erster Linie aus Kolumbien, Russland, USA, Polen und Südafrika. Für den Betrieb deutscher Kraftwerke werden jährlich 34 Millionen Tonnen Steinkohle importiert - Tendenz steigend. Die ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Auswirkungen des Kohleverbrauchs sind verheerend.

In Kolumbien ist die US-amerikanische Firma Drummond einer der wichtigsten Kohleproduzenten. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, jahrelang eine paramilitärische Einheit finanziert zu haben, die Hunderte Morde beging und Tausende Menschen vertrieb. Im Januar 2013 gab es eine erste Verurteilung: Jaime Blanco Maya, ein Subunternehmer von Drummond, wurde zu 38 Jahren Haft verurteilt. Er war Hauptangeklagter im Prozess um den Mord an zwei Gewerkschaftsführern. »Das Gericht ordnete an, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen weitere Verdächtige einleiten möge, darunter ehemalige und nach wie vor aktive Führungskräfte von Drummond«, erklärt Petra Langheinrich, Mitarbeiterin des kolumbianischen Anwaltskollektivs, das die Familien der ermordeten Gewerkschafter vertritt: »Wollen deutsche Unternehmen mit solchen Firmen Geschäfte machen?«

Die Angesprochenen wiegeln ab. So antwortete RWE auf eine Anfrage: »Drummond weist eine Mitverantwortung in der Sache nach wie vor strikt zurück. Mit Bezug auf die öffentlich bekannten Informationen sehen wir derzeit keinen Grund, unsere Vertragsbeziehungen auszusetzen.«

Auch Russland wird als Kohleexporteur immer wichtiger. 2011 förderte das Land 336 Millionen Tonnen Kohle, überwiegend aus dem Tagebau. Der größte Teil stammt aus dem sibirischen Kusbass. »Die Kohleförderung belastet Luft, Böden und Trinkwasser so sehr, dass die Lebenserwartung der Menschen deutlich unter dem Rest des Landes liegt«, erklärt Vladimir Slivyak von der russischen Umweltorganisation Ecodefense. Er hofft, mit seinem Besuch in Deutschland auf »die wahren Kosten« des Steinkohleimportes aufmerksam machen zu können.

Aus den USA berichten Beobachter von unumkehrbaren Umweltzerstörungen. Da man im Land selbst auf Schiefergas setzt, steigt der Anteil der Steinkohleexporte. In West-Virginia, der für europäische Lieferungen wichtigsten Kohleabbauregion, werden ganze Bergspitzen des Appalachen-Gebirges weggesprengt, erklärt Paul Corbit Brown. »Der Abraum landet in ehemals klaren Bächen und Flüssen und vergiftet unser Trinkwasser.« Die Zahl der Erkrankungen in der Umgebung habe laut medizinischen Studien stark zugenommen, so Brown, der in der Organisation »Keepers of the Mountains« gegen die Zerstörung engagiert ist.

In den kommenden Wochen sollen die Unternehmen auf ihren Aktionärsversammlungen mit der Recherche konfrontiert werden, erklärt Heffa Schücking von Urgewald. Zudem fordert sie ein Gesetz, das Regeln für transparente Lieferketten festlegt. Denn auf die Anfragen der Organisation antworteten die Energiekonzerne bisher nicht. »Die Energieversorger wissen genau, woher ihre Kohlen stammen, sie wollen nur nicht, dass die kritische Öffentlichkeit dies erfährt,« lautet das deutliche Fazit von Studienautor Sebastian Rötters von FIAN.

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