Alternatives Wahlrecht für Reiche

Markus Drescher über den Sozialstaatsgegner Konrad Adam

  • Lesedauer: 2 Min.

Konrad Adam, Vorsitzender der »Alternative für Deutschland« (AfD), beherrscht die Kunst der klaren Botschaft. Was die AfD wolle, sei so vernünftig, dass es jeder unterschreiben könne, so Adam. Doch nicht alles, was Adam will, hat er seiner neuen Partei ins Wahlprogramm diktiert, obwohl sich der Mann auch um das verzwickte Problem des Wahlrechts in Deutschland sehr gründliche Gedanken gemacht hat.

Denn auch dort ist für ihn Deutschland vom rechten Wege abgekommen, da sogar gänzlich ungeeignete Leute, nämlich »Inaktive und Versorgungsempfänger« das Wahlrecht ausüben dürfen. Der »Theorie der europäischen Verfassungsbewegung« entspräche dies ganz und gar nicht, schrieb der damalige politische Chefkorrespondent der »Welt« im Oktober 2006. In der guten alten Zeit war es vielmehr eine »selbstverständliche Voraussetzung für die Gewährung des Wahlrechts«, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Adam meldete sich damals jedoch nicht nur zu Wort, um über Theorien von gestern zu räsonieren. Er sprang hier seinem Gesinnungsgenossen André F. Lichtschlag bei, der sich in der »Welt« im gleichen Jahr ebenfalls Gedanken über eine Alternative für Deutschland machte: »Wählen dürfen … in Zukunft nur noch die Nettosteuerzahler, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft.« So genannten »staatsabhängige(n) Asoziale(n)«, Rentnern, Arbeitslosen, auch Beschäftigten im öffentlichen Dienst und natürlich den diätenempfangenden Politikern sollte das Wahlrecht entzogen werden.

Und wer kann Adam, einem Liebhaber der Klarheit, verdenken, dass ihm die Idee klarer Verhältnisse gefällt: Künftig werden die Wähler vom Arbeitgeber nach Belieben eingestellt und entlassen.

Konrad Adam bezeichnete diese gleichermaßen verfassungsfeindlichen und menschenverachtenden Positionen damals als eine »Anregung«, die provokativer klinge als sie es tatsächlich ist. Der Mann, der es 2006 für diskutabel hielt, Menschen ihre verfassungsmäßigen Rechte »abzuerkennen«, führt heute mit eine Partei an, die »Respekt vor dem Recht und dem gegebenen Wort« einfordern will. Man hat schon bessere Witze gehört.

2006 beschrieb Adam sein politisches Projekt: Die Befreiung der »deutschen Politik aus ihrer Unfähigkeit, … sich aus der Fixierung auf unproduktive Haushaltstitel wie Rente, Pflege, Schuldendienst und Arbeitslosigkeit« zu lösen.

2013 hält das Wahlprogramm der »Alternative für Deutschland« vornehm Abstand zu solchen Themen. Die AfD mag als eine Anti-Europartei reüssieren wollen, sie bildet jedoch offenbar auch ein Sammelbecken für radikalisierte Sozialstaatsgegner.

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