Wer zögert, verliert
Berliner Volleyballer gewinnen erstes Finalspiel um deutsche Meisterschaft
7683 Zuschauer hatten sich am Sonntagnachmittag in der Max-Schmeling-Halle versammelt. Üblicherweise nur eine Randnotiz, war die Zahl dieses Mal durchaus bemerkenswert: Einerseits schauen sich sehr selten so viele Menschen in Deutschland ein Volleyballspiel an - eigentlich nur bei großen Spielen in dieser Berliner Halle - und andererseits hatten Sportfans in der Hauptstadt an diesem Tag die Qual der Wahl: bei schönem Wetter vor der Laube eine Bratwurst grillen, mit mehr als 50 000 Gleichgesinnten die Rückkehr von Hertha BSC in die Fußball-Bundesliga feiern, mit mehr als 14 000 Fans die Eishockeymeisterschaft der Eisbären oder eben Volleyball gucken und Klatschpappen schwingen. Wie gesagt, die Halle war voll. Und die Berlin Volleys wussten, wie sie sich zu bedanken hatten: Mit einem 3:1-Sieg im ersten Finalspiel um die deutsche Meisterschaft gegen den VfB Friedrichshafen.
Dabei hatte auf der Gegenseite ein Mann noch eine Rechnung offen mit den Berlinern: Nationalspieler Max Günthör hatte mit Haching die Finalserie 2012 niederschmetternd 2:3 gegen die Berliner verloren. Nun suchte er mit Friedrichshafen die Revanche und blockte gleich zweimal zur schnellen Gästeführung. Der liefen die Hausherren bis zum 19:19 lange hinterher. Besonders Günthör setzte mit viel risikoreicheren Angaben als im Vorjahr die Berliner unter Druck. Wer zögert, verliert, hatte er offenbar vor einem Jahr gelernt. Doch nur Berlin zog die Devise bis zum Ende durch und gewann so Satz eins mit 27:25.
Der VfB Friedrichshafen knickte aber keinesfalls ein, wie es manch andere Mannschaft nach einem so knapp verlorenen Satz getan hätte. Berlin glich erneut erst spät mit dem Punkt des Tages zum 19:19 aus. Beide Teams jubelten mehrfach verfrüht, doch großartige Feldabwehr auf beiden Seiten verlängerte den Ballwechsel immer wieder. Letztlich hatte Berlins Robert Kromm ein Einsehen und beendete die Hatz. Einzig Scott Touzinsky leistete sich einige Schwächephasen auf Seiten der Volleys. Ausgerechnet beim Satzball für den Gegner fand der Olympiasieger von 2008 keinen Weg an Günthörs Block vorbei - 23:25.
Kawika Shoji nickte seinem Trainer mit heraushängender Zunge zu. »Ganz schön anstrengend«, sollte das wohl heißen. Mark Lebedew zuckte nur mit den Achseln. Diese Antwort an den Berliner Zuspieler war wohl so zu übersetzen: »Was hast du denn erwartet? Im Playoff-Finale bekommst du nichts geschenkt.«
Dass sich auch in der Folge kein Team je sicher fühlen durfte, zeigte der Beginn von Satz drei. 5:2 lag Berlin schnell vorn, Friedrichshafens Trainer Stelian Moculescu nahm eine frühe Auszeit. Danach ging der VfB angetrieben von Valentin Bratoevs Sprungangaben mit 9:6 in Führung. Dann drehten die Berliner das zwischenzeitliche 13:18 ihrerseits mit sechs Punkten in Folge - im Spitzenvolleyball eine Seltenheit. Natürlich wehrten die Volleys auch noch einen Satzball ab, bevor sie Durchgang drei mit 26:24 für sich entschieden. Wieder so ein knapper, so ein spannender Satz - würdiger hätte diese Finalserie nicht beginnen können.
Die Gegenwehr der Männer vom Bodensee war gebrochen. Jeder umkämpfte Ballwechsel in Satz vier ging nun an die Volleys. 25:15 gewannen sie letztlich doch mal eindeutig. 7683 Zuschauer fanden’s jut.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.