Obama geht in die Offensive

Doch die jüngsten Skandale belasten die USA-Regierung weiter

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur zwei Minuten dauerte der Auftritt Barack Obamas am Mittwoch (Ortszeit). Und der Präsident zeigte sich zutiefst verärgert bei seinem kurzfristig anberaumten Statement im Weißen Haus, das landesweit im Fernsehen übertragen wurde; verärgert über das Vorgehen der staatlichen Finanzbehörde IRS. Sie hatte den Republikanern nahestehende Gruppierungen wie die »Tea Party«, die einen starken Zentralstaat und die Erhebung von Steuern ablehnen, seit 2010 mit »unangemessenen Kriterien« besonders strenge Aufmerksamkeit geschenkt – schikaniert, wie die Betroffenen sagen.

Für Obama ist das »unentschuldbar«. Die Konsequenz: Steven Miller, der kommissarische Leiter der Behörde, musste seinen Rücktritt anbieten. Der Präsident versprach, alles zu tun, um ein solches Fehlverhalten künftig zu verhindern. John Boehner, den republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, interessiert jedoch nur eines: »Wer wandert wegen des Skandals ins Gefängnis?«
Aber nicht nur in diesem Fall versucht das Weiße Haus nach den negativen Schlagzeilen und den Vorwürfen an Obama, er zeige sich geradezu desinteressiert an den Affären seiner Administration, in die Offensive zu gehen.

So wurden rund 100 Seiten E-Mails von Regierungsmitgliedern und Geheimdienstmitarbeitern zum Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi während des Präsidentschaftswahlkampfs im Vorjahr veröffentlicht. Die Republikaner werfen Obama seit Monaten die Verschleierung der Ereignisse vor, bei denen Botschafter Chris Stevens getötet wurde. Sie wurden lange als spontaner Protest verkauft.
In der dritten Affäre steht vor allem Justizminister Eric Holder im Kreuzfeuer der Kritik, auch aus den eigenen Reihen. Der enge Vertraute Obamas musste sich im Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses wegen des Lauschangriffs gegen die Nachrichtenagentur Associated Press rechtfertigen. Dort wurden auf Anweisung seines Hauses Telefonanschlüsse ausspioniert. Mehr als 100 Journalisten seien betroffen.

Watergate-Enthüller Carl Bernstein sprach von einer »völlig unverzeihlichen« Einschüchterung. Über 50 Medienorganisationen prangerten die Spähattacke in einem Protestbrief an; sie stelle die »Integrität« des Justizministeriums in Frage. »Der Pressefreiheit wurde ein schwerer Schaden zugefügt«, so auch die demokratische Abgeordnete Zoe Lofgren. Persönliche Verantwortung wies Holder zurück. Sein Vize habe den Zugriff im Interesse der nationalen Sicherheit geleitet. Die Maßnahme soll mit Ermittlungen zur Weitergabe vertraulicher Informationen über einen vereitelten Terroranschlag zusammenhängen. Auch der Präsident habe nichts von der Geheimaktion gewusst, beeilte sich das Weiße Haus zu erklären. Doch ist es kein Geheimnis, dass Obama knallhart und schärfer als all seine Vorgänger gegen Informanten aus der Administration vorgeht: Sechs »Whistleblower« hat er schon vor Gericht stellen lassen.

Ob die nun angekündigte Wiederbelebung eines Gesetzesentwurfs zum besseren journalistischen Quellenschutz da reicht, um die Wogen zu glätten, bleibt abzuwarten. Die 2009 im Senat gescheiterte Vorlage solle erneut in den Kongress eingebracht werden, der Präsident persönlich werde sich dafür einsetzen. Dabei hatte Obama zu Beginn seiner zweiten Amtszeit noch ganz andere politische Schwerpunkte gesetzt. Gegenwärtig scheint sich kaum jemand für die dringend notwendige Reform der Einwanderungs- und Waffengesetze oder Lösungen für das Etatdesaster zu interessieren.

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