Zwangspause für EZB-Banker
Kreativer Widerstand in Frankfurt angekündigt
Versuche von Blockaden am frühen Morgen, mittägliche Proteste in der Innenstadt, Diskussionsveranstaltungen am Nachmittag und abendliche Kulturveranstaltungen bilden am Freitag einen ersten Höhepunkt der diesjährigen Frankfurter Blockupy-Aktionstage in der Bankenmetropole Frankfurt. Bevor es soweit ist, wurde die Anreise einiger Demonstranten am Donnerstag durch Polizei behindert. Die Beatmen stoppten nach Angaben des Blockupy-Bündnis auf der Autobahn insgesamt fünf Busse und führten dabei Personen- und Gepäckkontrollen durch.
Über 400 Menschen aus dem Bundesgebiet und mehreren europäischen Ländern verbrachten bereits die Nacht zum Donnerstag im Blockupy-Zeltlager am Frankfurter Rebstockgelände, wo sie sich am Tage auf die kommenden Aktionen vorbereiteten.
Mit ihren »ungehorsamen Aktionen« vor dem Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) im Frankfurter Bankenviertel wollen die Akteure erreichen, dass «kein wesentlicher Arbeitsbetrieb mehr stattfindet«. Später ist die Fußgängerzone in der Frankfurter Zeil, die als eine der umsatzstärksten Einkaufsmeilen Europas gilt, Schauplatz des »kreativen Widerstands«. Der Protest richte sich »nicht gegen Beschäftigte oder Konsumenten, sondern gegen die globalen Produktionsverhältnisse«, heißt es in einem Aufruf. Mit den Aktionen sollen Missstände wie Landgrabbing und Militarismus, soziale Verdrängung, Mietspekulation, Zwangsräumungen und Abschiebungen von Asylsuchenden angeprangert werden.
Dabei wissen auch die Blockupy-Akteure, dass der Finanzkapitalismus als Folge der Aktionen an diesem Freitag kaum ins Stocken kommen dürfte. Viele Bankmanager haben flexibel reagiert und lassen ihre Angestellten am Freitag vom häuslichen Computer aus arbeiten oder einen Tag Urlaub genießen. Viele Transaktionen werden am Freitag auch von andere Standorten wie Eschborn oder Stuttgart getätigt. Insofern komme der Blockadeprotest »ein paar Jahre zu spät«, bringt es ein Bank-Betriebsrat gegenüber »nd« auf den Punkt.
Manches deutet darauf hin, dass die Konfrontation mit der Staatsgewalt bei den diesjährigen Blockupy-Protesten nicht so harsch ausfallen wird wie im Mai 2012. Damals hatten die Behörden alle Veranstaltungen bis auf die internationale Großdemonstration am Samstag verboten, und viele tausend Bereitschaftspolizisten aus dem ganzen Bundesgebiet nach Frankfurt abbestellt. Bereits anreisende Demonstranten wurden an Bahnhöfen und Autobahnraststätten festgenommen oder erkennungsdienstlich überprüft. Polizeisperren in der City erinnerten an einen Belagerungszustand. Doch Tausende Menschen ließen sich das Versammlungsrecht nicht nehmen. In diesem Jahr sollen deutlich weniger Polizeikräfte in Frankfurt sein.
2012 gab sich Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) als »Hardliner« und verteidigte die massiven Polizeieinsätze. Der neue Frankfurter SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann hingegen ist um einen lockeren Umgang mit den Demonstranten bemüht. Frankfurt sei »für gewaltfreie und friedliche Diskussionen der richtige Ort«, sagte der Sozialdemokrat. Während manche Blockupy-Sympathisanten argwöhnisch hinter solchen Tönen schon eine »Umarmungsstrategie« vermuten, reichte Feldmanns Macht indes nicht aus, um die schwarz-grüne lokale Magistratsmehrheit von Reflexen wie im Vorjahr abzuhalten. Ordnungsdezernent Markus Franks (CDU) harte Auflagen für die Blockupy-Demonstration am Samstag hatten allerdings vor Gericht keinen Bestand. Das örtliche Verwaltungsgericht stoppte auch die Anordnung, dass die Demo auf keinen Falle nahe an der Europäischen Zentralbank (EZB) vorbeiführen dürfe. Am Mittwoch erlaubte darüber hinaus der Hessische Verwaltungsgerichtshof auch eine für Freitag geplante Demonstration in Terminal 1 des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens gegen die bundesdeutsche Abschiebepraxis. »2:0 für das Blockupy-Bündnis«, kommentierte die hessische Linksfraktion. Mit der »Beschreibung abstruser Gewaltszenarien« wollten Frank und Rhein »von Protesten gegen Ausbeutung und Verelendung hier und in vielen Teilen der Welt ablenken«, so Fraktionschef Willi van Ooyen. »Wir werden hoch motiviert, gut gelaunt, friedlich, aber bestimmt protestieren«, sagt eine Frankfurter Aktivistin des Studierendenverbands SDS.
Ob es wie im Vorjahr 30 000 werden, die am Samstag trotz prognostiziertem Regenwetter durch die City marschieren, wird sich zeigen. Die Organisatoren rechnen mit 20 000 Demonstranten. 2012 hatten sich manche Demonstranten kurzfristig zur Fahrt nach Frankfurt entschlossen, um ein Zeichen gegen die Verbote und Schikanen zu setzen. Unabhängig von der Teilnehmerzahl am Samstag zeigten die Aktionstage, dass »Blockupy zu einer festen Einrichtung und einem Kristallisationspunkt gegen den Krisenkorporatismus wird«, ist sich eine junge ver.di-Aktivistin sicher.
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