Wenn der Brief zur Feldpost wird

Mit einer neuen Briefmarke macht das Finanzministerium Werbung für die Bundeswehr

  • Michael Schulze von Glaßer
  • Lesedauer: 3 Min.
Ab heute kann man seine Briefe mit einer Bundeswehr-Sonderbriefmarke verschicken. Friedensaktivisten starten dagegen eine Petition, planen Protestaktionen vor Post-Filialen und wollen eine eigene Briefmarke entwerfen.

58 Cent wert, etwa 3,5 x 2 cm groß, mit tarnfarbenen Silhouetten von Menschen und dem Spruch »Bundeswehr - Im Einsatz für Deutschland« bedruckt: Das ist die in einer Auflage von rund zehn Millionen Exemplaren frisch gedruckte Sonderbriefmarke des Bundesfinanzministeriums für den Juni 2013. Dabei sorgt die Briefmarke gerade für Proteste wie sie wohl nur selten aufgrund der Postwertzeichen vorkommen: »Diese Briefmarke ist ein unrühmlicher vorläufiger ›Höhepunkt‹ der Werbemaßnahmen der Bundeswehr seit Wegfall der Wehrpflicht«, so Roland Blach, Geschäftsführer der »Deutschen Friedensgesellschaft« Baden-Württemberg. Der Friedensaktivist hat eine Kampagne gegen die die Briefmarke initiiert.

Ganz ohne politische Hintergedanken wurde die Bundeswehr-Briefmarke vom zuständigen Bundesfinanzministerium tatsächlich nicht herausgegeben: »Für die gesellschaftliche Wertschätzung der Leistungen der Angehörigen der Bundeswehr zu werben, ist Anliegen dieser Briefmarke. Dies schließt die Anerkennung der besonderen Belastungen ihrer Familien ein. Gemeinsam sind sie ›Im Einsatz für Deutschland‹ und verdienen Solidarität und Unterstützung«, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums zu der Briefmarke.

Die Bundeswehr genieße hohes Ansehen und Vertrauen, nehme einen selbstverständlichen Platz in der Mitte der Gesellschaft ein und eine einzigartige und unverzichtbare Aufgabe wahr: »Sie schützt Frieden und Freiheit - in Deutschland und in internationalen Einsätzen zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung«, so das von Wolfgang Schäuble geleitete Finanzministerium.

Die »Deutsche Friedensgesellschaft« protestiert gegen dieses aus ihrer Sicht geschönte Bild der Bundeswehr. Sie will Unterschriften sammeln für eine Petition mit der Forderung an Finanzminister Schäuble die Armee-Briefmarke zurückzuziehen: »Daneben wollen wir auch Geld sammeln, um möglichst bald eine eigene Briefmarke auf den Markt zu bringen und die dann selbst zu vertreiben«, so Roland Blach. Die Initiatoren der Kampagne rufen zudem dazu auf, vor Postfilialen gegen die Bundeswehr-Briefmarke zu protestieren. Eine erste Kundgebung soll es am 13. Juni in Stuttgart geben.

Die Post sperrt sich aktuell noch gegen Kritik. Am vergangenen Mittwoch konfrontierten die »Kritischen Aktionäre« den Vorstand der Deutschen Post AG auf ihrer Hauptversammlung mit der Werbe-Briefmarke der Bundeswehr. Vorstandsvorsitzender Dr. Frank Appel wehrte sich: Herausgeber der Briefmarken sei das Finanzministerium. Daneben habe die Bundeswehr aber auch einen »hervorragenden Dienst für unser Land geleistet« und sich die Werbe-Briefmarke daher verdient, so die persönliche Ansicht des Post-Vorstandsvorsitzenden auf der Aktionärsversammlung in Frankfurt am Main. Bereits im Jahr 2009 hatten anhaltende antimilitaristische Proteste die Deutsche-Post-Tochter DHL zum Rückzug seiner Bewerbung für einen umfangreichen Logistikauftrag der Bundeswehr gezwungen. Ob der Protest gegen die Bundeswehr-Briefmarke bei der Post auch zu einer Reaktion führen wird, lässt sich wohl erst in einigen Monaten sagen.

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