Gesetzlich für alle

Sozialverband Deutschland stellt Forderungen zur solidarischen Bürgerversicherung vor

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Krankenversicherungssystem in Deutschland ist ungerecht und benachteiligt die Schwächsten. Eine solidarische Bürgerversicherung soll Abhilfe schaffen.

Für eine solidarische Bürgerversicherung setzt sich - neben den großen Oppositionsparteien - auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) ein, der die gesetzlich Kranken- und Rentenversicherten vertritt. SoVD-Präsident Adolf Bauer forderte am Dienstag in Berlin dazu auf, vor der Bundestagswahl genau nachzufragen, was die Befürworter des Konzepts in diesem Zusammenhang planen. Dabei sei nicht nur die Finanzierung wichtig. Insbesondere für chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen gebe es in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) noch viele Versorgungslücken. Den SoVD stört besonders, dass Ältere und sozial Benachteiligte einseitig mit Gesundheitskosten belastet werden. Adolf Bauer nannte hier die sieben Millionen Menschen, die sich die finanzielle Überforderung bescheinigen lassen müssen, also etwa jene, die sich von Zuzahlungen an ihre Krankenkasse befreien lassen.

Medizinische Leistungen sollten wohnortnah und barrierefrei erbracht werden, die Anbieter müssten besser zusammenarbeiten und einheitlich honoriert werden. Mit letzterer Forderung wendet sich der Verband gegen bessere Bezahlung der Therapien für privat Versicherte.

Eine Bürgerversicherung müsse alles medizinisch Notwendige abdecken. Voraussetzung dafür sei die konsequente Nutzenbewertung aller Therapien. Es gehe nicht nur um Grundversorgung, sondern auch um eine Vollversicherung. Ob diese auch im Bereich der Pflege eingeführt werden soll, sei noch im Gespräch.

In einem Papier fordert der SoVD neben einem verbesserten Leistungsangebot unter anderem die Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung bei den abhängig Beschäftigten. Der geltende einseitige Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zu Lasten der Lohn- und Gehaltsempfänger müsse abgeschafft werden. In Zukunft seien auch weitere Einkünfte, wie etwa die aus Vermietung und Verpachtung, in die Bemessung der Beiträge einzubeziehen. Einnahmen aus kleinen Sparguthaben sollten aber beitragsfrei bleiben. Für die Einnahmenerfassung sieht Klaus Kirschner vom sozialpolitischen Ausschuss des SoVD keine technischen Probleme, da diese bereits bei den freiwillig gesetzlich Versicherten mit berücksichtigt werden.

Ein dritter Forderungskomplex bezieht sich auf organisatorische Veränderungen im Versicherungssystem. Hier setzt der Verband auf eine öffentlich-rechtliche Vollversicherung, die nicht mit der Privaten Krankenversicherung (PKV) im Interesse von Finanzanlegern vereinbar sei. Von der Politik müssten Entscheidungen getroffen werden, um den Rechtskreis festzulegen. Dazu gehöre für die nicht auf Profit orientierten gesetzlichen Kassen auch die Zuständigkeit der Sozialgerichte. Die PKV könnte weiterhin Komfortleistungen wie Einzelzimmer oder Chefarztbehandlungen anbieten oder die Reise-Krankenversicherung außerhalb der EU abdecken.

Für die jetzt privat Versicherten solle es einen Bestandsschutz geben, so Adolf Bauer, aber für viele kleine Beamte oder Selbstständige seien die im Alter stark ansteigenden Beiträge problematisch. Bauer plädierte deshalb mittelfristig für einen finanziellen Ausgleich zwischen den beiden Versicherungszweigen zugunsten der GKV.

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