Putin war vorher informiert

Vorschlag Obamas stößt in Moskau auf Skepsis

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.
Für Moskau waren die neuen Abrüstungsvorschläge, die der USA-Präsident bei seinem Berlin-Besuch verkündete, nicht neu.

Barack Obama hatte bei seinen Konsultationen mit Wladimir Putin am Rande des G8-Gipfels und danach auch vor dem Plenum am Dienstag erklärt, Russland und die USA müssten Vorreiter bei Bemühungen um die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen sein. Zusammen mit Dmitri Medwedjew hatte er schon den im Februar 2011 in Kraft getretenen START-3-Vertrag initiiert. Er verpflichtet Russland und die USA, innerhalb von sieben Jahren die Zahl der atomaren Sprengköpfe auf 1550 zu verringern und die Obergrenze für strategische Trägermittel auf 800 zu senken. Was Obama in Berlin anbot, geht weit darüber hinaus und sieht auch die Reduzierung taktischer Kernwaffen in Europa vor. Gemeint sind mit Kernsprengköpfen bestückte Kurz- und Mittelstreckenraketen. Voraussetzung: Russland zieht mit.

Das Thema wird bei Obamas Moskau-Besuch vor dem G20-Gipfel Anfang September eine herausragende Rolle spielen. Russische Experten kritisierten Obamas Initiative indes bereits jetzt als »unannehmbar für Russland«. Die USA wollten Moskau zu »hektischer atomarer Abrüstung drängen«, ihr eigenes Potenzial zum Abfangen russischer Interkontinentalraketen aber ausbauen, warnte Igor Korotschenko, Mitglied des Beirates beim russischen Verteidigungsministerium, in einem Interview für die Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Mit dem geplanten globalen Raketenschild würden beträchtliche Teile des russischen Kernwaffenarsenals in Zukunft wertlos. Obamas Vorschlag zur Reduzierung taktischer Kernwaffen in Europa sei ebenfalls einseitig. Die USA dächten »nicht im Traum daran«, ihr Potenzial auf das eigene Territorium abzuziehen, um eine Verhandlungsgrundlage zu schaffen. Kernwaffen, meint auch Nikolai Patruschew, Koordinator des Nationalen Sicherheitsrates, hätten heute keine militärische Bedeutung mehr, sondern nur noch politische. Die des Westens seien auf Russland gerichtet, auch Moskau halte daher am Prinzip der nuklearen Abschreckung fest.

Das hatte Wladimir Putin am Mittwoch in St. Petersburg schon vor der Obama-Rede bekräftigt: »Wir können nicht erlauben, dass das Gleichgewicht des Systems der strategischen Abschreckung gestört oder die Effektivität unserer Atomstreitmacht geschwächt wird«, sagte er laut russischen Nachrichtenagenturen.

In Erwartung der Obama-Rede, über deren Inhalt Putin vorher informiert worden war, hatte sein Berater Juri Uschakow gesagt, Moskau wolle, dass auch die anderen Atommächte an den Abrüstungsverhandlungen beteiligt werden. Diese Haltung sei der Regierung in Washington übermittelt worden.

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