Nur mit Wartezeit zum Facharzt

Kassenärztliche Vereinigung stellt Ergebnisse der Patientenbefragung vor

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Die meisten Patienten ertragen sie zwar geduldig, dennoch bleiben Wartezeiten für einen Arzttermin das größte Ärgernis für Kranke.

Ihre sechste Versichertenbefragung stellt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am Dienstag in Berlin vor. Unter den Ergebnissen hob sie die hohe Wertschätzung für die niedergelassenen Ärzte heraus.

Bei den Einzelthemen der Untersuchung geraten aus Patientensicht vor allem die Wartezeiten zum Ärgernis. Im KBV-Auftrag befragte die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen etwa 6000 zufällig ausgewählte Bürger per Telefon und fand heraus, dass die Hälfte von ihnen ohne Wartezeit sofort zum Arzt kann. Aus Sicht von KBV-Chef Andreas Köhler ist damit fast alles in Ordnung, zumal sich die Wartzeiten im Vergleich zu früheren Befragungen fast nicht verlängert haben. Der genauere Blick in die Daten zeigt aber, dass es durchaus Verbesserungsbedarf gibt. Zum einen sind die Wartezeiten im Osten länger als im Westen der Republik. Während bei den Hausärzten fast zwei Drittel der Patienten ohne Termin behandelt werden, sind es bei Fachärzten nur knapp ein Drittel. Beim Spezialisten müssen 19 Prozent der Versicherten bis zu drei Wochen auf einen Termin warten, 21 Prozent sogar länger als drei Wochen. Erfreulich für die KBV ist das Ergebnis, dass viele Betroffene die Wartezeit auf einen Termin nur selten als störend empfinden.

Überraschendes ergibt sich bei regionaler Betrachtung: Spitzenreiter im Hinblick auf die kürzesten Wartezeiten ist Mecklenburg-Vorpommern. Die KBV vermutet, dass die geringe Bevölkerungsdichte die Nachfrage senkt. Andererseits haben im Nordosten Kassenärztliche Vereinigung und Krankenversicherungen ein neues Anreizsystem entwickelt: Dabei versucht der Hausarzt selbst, dem Patienten einen Termin beim Facharzt zu vermitteln. Gestaffelt nach der Wartezeit für den Kranken zwischen einem oder bis zu drei Tagen profitieren beide Arztgruppen mit je fünf bis zehn Euro von dieser Dienstleistung. KBV-Chef Köhler warnt jedoch davor, dies als Lösung von Versorgungsproblemen misszuverstehen. Bisher seien die wohnortnah versorgenden Fachärzte zugunsten ihrer noch stärker spezialisierten Kollegen von der KBV »etwas vernachlässigt« worden, merkte er selbstkritisch an. Das werde sich mit einer neuen Pauschale ab Oktober ändern.

Von den Versicherten wird die Versorgung durch Hausärzte fast einheitlich als relativ gut wahrgenommen, insgesamt sind 76 Prozent der Befragten der Meinung, dass es nicht zu wenige von ihnen gebe. Aber hier klafft bereits ein Ost-West-Unterschied auf: In den alten Bundesländern sehen das 80 Prozent so, in den neuen nur 57 Prozent. Noch deutlicher verläuft die Grenze bei der Frage nach den Fachärzten. Insgesamt 56 Prozent der Menschen im Osten konstatieren eine prinzipielles Versorgungsdefizit (West: 34 Prozent), fast ein Viertel hatte bereits selbst das Problem, einen Spezialisten zu finden. Die fünf am häufigsten vermissten Facharztgruppen sind in allen Teilen der Republik gleich; nur an Augenärzte mangelt es in den neuen Bundesländern doppelt so häufig. Am häufigsten fehlen überall Orthopäden, es folgen Augen- und Hautärzte, dann Psychiater und HNO-Spezialisten.

Die Umfrage ergab auch, dass Krankenhäuser und Rettungsdienste als erste Instanz für die Notfallversorgung in Anspruch genommen werden, und zwar mit steigender Tendenz. In dringlichen, aber nicht akut lebensbedrohlichen Fällen sollte aber der ärztliche Bereitschaftsdienst verständigt werden, der seit April 2012 unter der neuen einheitlichen Rufnummer »116 117« erreichbar ist. Diese Nummer kennen nur vier Prozent der 18- bis 79-Jährigen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen vertreten niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten gegenüber den Krankenversicherungen und garantieren eine qualifizierte ambulante Versorgung.

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