Eine Hand wäscht in Mexiko die andere

Politik und Drogenkartelle sind eng verflochten

  • Sara Charlotte König
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Festnahme von Zetas-Boss Miguel Ángel Treviño Morales ist der bislang schwerste Schlag gegen das Drogengeschäft seit Amtsantritt von Präsident Enrique Peña Nieto. Doch vielen Experten erscheint sie als Pakt zwischen mexikanischer Regierung und organisiertem Verbrechen.

Während die mexikanische Regierung der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) die jüngste Festnahme des Drogenbosses Miguel Ángel Treviño Morales als Erfolg feiert, warnen Sicherheitsexperten bereits vor einer Zunahme der Gewalt. Das Machtvakuum an der Spitze der »Los Zetas«, die derzeit als mächtigstes Kartell in Mexiko gelten, könnte interne und externe Machtkämpfe anheizen.

Ohne dass überhaupt ein einziger Schuss fiel, wurde Treviño vergangene Woche verhaftet. Dabei hatte er in seinem Auto neben zwei Millionen US-Dollar Bargeld auch reichlich Waffen und Munition. Die Berichterstattung im mexikanischen Fernsehen zeigte Treviño nach der Festnahme als lässig schlendernden Typen, der ohne Handschellen von den Marinesoldaten abgeführt wurde, die ihn mit einem gewagten Hubschraubermanöver zum Fahrstopp genötigt hatten.

Sofort häuften sich die Spekulationen über einen Handel zwischen mexikanischer Regierung und dem Kopf des Kartells. »Welcher berüchtigte Drogenboss bewegt sich von einem Punkt zum anderen in Begleitung seines Buchhalters und nur eines einzigen Bodyguards?«, fragte Korruptionsexperte Edgardo Buscaglia im Interview mit »MSV Noticias«. Er glaubt, Treviño habe sich freiwillig den Sicherheitskräften gestellt, um mildernde Umstände beim Prozess zugesprochen zu bekommen. Allein sieben Haftbefehle und zwölf Vorermittlungen lagen gegen Treviño vor. Ihm werden mehr als 300 Morde, Geldwäsche, Organisierte Kriminalität und andere Straftaten zur Last gelegt. Der Ablauf des kommenden Prozesses wird zeigen, wie viel hinter Buscaglias Vermutung steckt.

Mexikos Präsident Peña Nieto (PRI) wird versuchen, dem Chef der »Zetas« möglichst viele Informationen zu entlocken. Die könnte er dazu benutzen, seine Gegner im geschwächten Rechtsstaat zu politischer Disziplin zu zwingen. Denn die verantwortlichen Institutionen Mexikos sind von Korruption zerfressen. Unterdessen stieg die Zahl der Kartelle von 2006 bis 2012 auf das Doppelte und mit ihr auch die der Profiteure des Drogenkriegs.

Als blutigster Arm der Organisierten Kriminalität gilt das Drogenkartell »Los Zetas«. Enthauptungen ihrer Gegner und Zerstückelung von Leichen sind ihr Markenzeichen. Dabei geht ihr Aktionsradius längst über das klassische Drogengeschäft hinaus. Organisierter Menschenhandel, Geldwäsche, Erpressung und Rohstoffhandel in 29 Ländern der Welt sind feste Bestandteile des Unternehmens. Rückendeckung erhält das Kartell durch gute Beziehungen in politische Ämter und wirtschaftliche Bereiche.

Im ominösen goldenen Dreieck des Drogenhandels zwischen den Bundesstaaten Sinaloa, Chihuahua und Durango zeigt sich diese Verbindung am schonungslosesten. »Wählt die PRI«, lautet das Motto der Drogenkartelle, die dort ungefähr 80 Prozent der Landesproduktion von Marihuana und Mohn erzeugen. Maskierte Banden sorgen mit Waffengewalt für das richtige Kreuzchen beim gewünschten Kandidaten und die Politiker revanchieren sich durch Straffreiheit bei ihren Helfern. Aber auch Polizisten sind in das schmutzige Geschäft verstrickt. Erst im März wurden in Durango 29 Polizisten wegen Unterstützung der Drogenkartelle »Los Zetas« und »Sinaloa« dem Haftrichter vorgeführt. Solange jedoch das Netz zwischen Politik und Narcos nicht aufgedeckt wird, ändert sich auch nichts an den Zuständen in Mexiko. Am meisten dürfte wohl Joaquín »Chapo« Guzmán, Chef des Sinaloa-Kartells, von Treviños Verhaftung profitieren, da sein gefährlichster Rivale aus dem Weg geräumt wurde.

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