König schnappen und Dorsch fangen

Hnefatafl-Turnier: Ex-Lübecker Frank Prohl wirbt in Norwegen für Renaissance des Wikingerschachs

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Liebe wegen ist er in den hohen Norden gegangen: der gebürtige Lübecker Frank Prohl, Geograf und Journalist. Heute arbeitet der 42-Jährige im norwegischen Tromsø als Versandchef einer Firma. Mehr als nur nebenbei setzt sich Frank Prohl für die Renaissance eines lange vergessenen Stücks skandinavischer Spielkultur ein. Er hat einen Kreis Gleichgesinnter zusammengetrommelt, die das alte Wikingerschach Hnefatafl pflegen. Für das Rahmenprogramm der Schacholympiade in Tromsø vom 1. bis 14. August 2014 werden sie sogar ein Hnefatafl-Turnier organisieren.

nd: Worum geht es eigentlich bei diesem »Hnefatafl«?
Prohl: Auf einem Brett mit 121 Feldern hält die weiße Partei, das sind ein König und seine zwölf Mannen, anfänglich das Zentrum besetzt. Die Leibgardisten versuchen nun, ihren Herrscher in eine der Fluchtburgen, die an den vier Ecken des Feldes bereit stehen, zu eskortieren und so die Schlacht zu gewinnen. Die andere Partei, das sind insgesamt 24 schwarze Angreifer, will genau das verhindern und den feindlichen Monarchen vorher schnappen.

Dann haben die wenigen Weißen ziemlich schlechte Karten!
Nicht unbedingt. Denn der König ist schwer zu fassen, weil er dafür eingekesselt werden muss. Während die übrigen Recken bereits ausgeschaltet werden, wenn sie in die Zange genommen worden sind.

Ein Szenario, das gewisse Assoziationen zum Schach weckt.
Da ist was dran. Zur Wikingerzeit war Hnefatafl sehr populär in Skandinavien. Es ist zwischen 1200 und 1300 verdrängt worden von der arabisch geprägten Version des modernen Schachs.

Jetzt soll Hnefatafl bei der Schacholympiade 2014 im norwegischen Tromsø seine Wiederauferstehung feiern. Warum?
Wir wollen zeigen, dass es auch in Nordeuropa eine stolze Tradition des strategischen Spiels gibt.

Wie wird die Hnefatafl-Demonstration ablaufen?
An einem der beiden spielfreien Olympiatage, vermutlich am 7. August 2014, gibt es ein Turnier.

Muss man zu diesem Wettbewerb im Wikingerschach mit einem passenden Helm antreten?

Wer glaubt, die Gegner auf diese Weise einzuschüchtern, mag es gerne versuchen! (lacht)

Sie haben inzwischen den ersten Hnefatafl-Klub der nördlichen Hemisphäre gegründet.
Korrekt, wir nennen uns die »Tromsø Tafl Laug«, das Wort »laug« heißt übersetzt »Gilde«. Die Gilde hat ihr Stammlokal im »Victoria Fun Pub« an der Storgata, zu deutsch: »Hauptstraße«.

Ist es nicht seltsam, dass ein Deutscher den Norwegern ihr altes Schach zurück bringt?
Ja, klingt ein bisschen verrückt. Aber wir Deutschen organisieren eben gern. Und einer hat dann eben auch in Sachen Hnefatafl damit angefangen...

Abgesehen von Ihrem Hnefatafl-Projekt: Wie ertragen Sie es als Nichteinheimischer, wenn zwischen Mitte November und Mitte Januar in Tromsø die Sonne nicht aufgeht?
Das ist manchmal schon etwas hart. Aber wir haben immerhin den Schnee auf dem Erdboden, der hält noch ein bisschen Helligkeit. Außerdem ist es überall erleuchtet. Sogar die Skiloipen haben kilometerlange Lampenreihen, für die einsamen Läufer, die dort unterwegs sind. Und ansonsten kann man das Nordlicht genießen, das ist auch schön!

Die Fjordwelt rund um Tromsø gilt als Paradies der Meeresangler. Fahren Sie selber auch mal raus?
Na klar! Meine Bekannten und Verwandten besitzen Fischerboote und nehmen mich mit, oder ich leihe mir eins von meinem Neffen aus.

Ihr bester Fang?
Das war ein Zwölf-Kilogramm-Dorsch.

Gespräch: René Gralla

Schacholympiade Tromsø vom 1.-14.8.2014: weitere Infos unter tromso2014.no;

Regeln des Hnefatafl und Geschichte: de.wikipedia.org/wiki/Hnefatafl;

Hnefatafl online spielen: aagenielsen.dk

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