Bund gibt Millionen für Garnisonkirche

Potsdamer LINKE protestiert gegen den Einsatz staatlicher Mittel

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Der umstrittene Wiederaufbau der 1968 als Kriegsruine gesprengten Potsdamer Garnisonkirche wird zum Bundesprojekt. Die LINKE kritisiert den Einsatz staatlicher Mittel.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) spendiert aus seinem Etat in den kommenden zwei Jahren je sechs Millionen Euro für den umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Damit stellt der Bund mindestens zwölf Millionen Euro zur Verfügung. Für den Kirchturm, der möglichst bis 2017 fertig werden soll, benötigt die mit dem Wiederaufbau betraute Stiftung 40 Millionen Euro.

Ein »national bedeutsames Bauwerk« werde wiederhergestellt, »das in einem barbarischen Akt vom SED-Regime zerstört wurde«, sagte Staatsminister Neumann am Montag.

Baubeginn 2014?

Die evangelische Garnisonkirche wurde auf Beschluss des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. für den Hofstaat und die Militärgarnison in Potsdam errichtet. Der Barockbau des Architekten Johann Philipp Gerlach wurde 1735 mit der Vollendung des mehr als 80 Meter hohen Turms fertiggestellt.

Am »Tag von Potsdam « am 21. März 1933 nutzten die Nazis die Garnisonkirche zur Inszenierung der Eröffnung des neu gewählten Reichstags. Bei einem alliierten Luftangriff im April 1945 brannte die Kirche aus. Im Juni 1968 ließen die DDR-Behörden die Ruine abreißen, an der Stelle wurde ein Rechenzentrum errichtet. Seit den 1990er Jahren bemühen sich verschiedene Akteure um den Wiederaufbau der Kirche. Nach aktuellen Planungen soll zunächst ab 2014 der Kirchturm gebaut werden. (epd/nd)

Für die LINKE ist es damit an der Zeit, ihre Haltung zu überdenken. Ursprüngliche Pläne extrem konservativer Kreise, die alte Militärkirche auferstehen zu lassen, hatte die LINKE abgelehnt, auch in dem Wissen, dass die Preußen hier einst die Fahnen besiegter Regimenter zur Schau stellten und die Nazis in der Garnisonkirche am 21. März 1933 die Eröffnung eines Reichstags inszenierten, aus dem die KPD-Abgeordneten schon entfernt waren. Adolf Hitler hatte bei dieser Gelegenheit dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die Hand geschüttelt. Ein Augenblick mit Symbolkraft!

Dem »interessanten Konzept Versöhnungskirche«, so Potsdams Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, hatte sich die LINKE dann aber nicht verschlossen. Sie tolerierte diesen Plan der evangelischen Kirche unter der Bedingung, dass er mit Spenden finanziert wird. Der erhebliche Bundeszuschuss sorgt jetzt für einen Stimmungswandel. »Ich habe kein Verständnis dafür, nicht zusammengekommene Spenden durch staatliche Mittel auszugleichen«, reagierte Scharfenberg. »Darüber wird die LINKE zu reden haben.« Die Stadtverordnetenversammlung habe zwar tatsächlich nur beschlossen, dass die Kommune kein Geld dazugibt. Intention dabei sei aber gewesen, dass überhaupt keine staatlichen Mittel fließen. Schließlich könnte die Summe besser verwendet werden, etwa für den dringend notwendigen Bau von Sozialwohnungen, sagte Scharfenberg.

Über den Hinweis des Kulturstaatsministers auf einen »barbarischen Akt« des »SED-Regimes« regte sich Potsdams LINKE-Kreischef Sascha Krämer auf. Barbarisch sei gewesen, »dass Deutschland den Zweiten Weltkrieg angefangen hat«, betonte er. Doch davon sei in Neumanns Pressemitteilung keine Rede. Die Garnisonkirche wurde bei einem Bombenangriff 1945 schwer beschädigt, die Ruine mit dem bis dahin noch benutzten Turm 1968 gesprengt.

Mit den zwölf Millionen komme man dem Wiederaufbau »einen großen Schritt näher«, schwärmte der evangelische Altbischof Wolfgang Huber. Peter Leinemann, Verwaltungsvorstand der Stiftung, verspricht sich von Neumanns Zusage eine Initialzündung für die Spendenbereitschaft. »Nun werben wir um weitere private Unterstützung - mehr denn je!«

Kürzlich erteilte die Stadt die Baugenehmigung. Angesichts der Spenden - erst 6,5 Millionen Euro sind beisammen - drohe eine Dauerbaustelle, rügten da Gegner des Projekts. Sie argwöhnten, dass früher oder später der Staat einspringen müsse.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.