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Mitarbeiter kapitulieren vor Arbeitsbelastung

Das für die Asylbewerber zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales ist offenbar völlig überstrapaziert

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 3 Min.
Ver.di hat in einem Brandbrief an den Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus die Überlastung der Mitarbeiter im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) beklagt. Knapp 90 Mitarbeiter seien beim LaGeSo für die Versorgung von Asylbewerbern zuständig. Angesichts der steigender Asylbewerberzahlen sind sie zurzeit völlig überlastet.

Die Gewerkschaft ver.di hat in einem Brandbrief an Senat und Abgeordnetenhaus die Überlastung der Mitarbeiter im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) beklagt und fordert mehr Personal. Knapp 90 Mitarbeiter sind im LaGeSo für die Versorgung von Asylbewerbern zuständig und angesichts steigender Asylbewerberzahlen völlig überlastet. Sie nehmen bei der Erstvorsprache die Personalien auf und versorgen die Neuankömmlinge mit einem Heimplatz. Später geben sie Taschengeld, Fahrgeld für den Schulweg der Kinder und Krankenscheine aus. Sie kümmern sich außerdem um die Inbetriebnahme neuer Heime und die Verlängerung der Heimverträge – oft gegen den erbitterten Widerstand von Bezirken und Anwohnern, was den Arbeitsaufwand noch einmal steigert. Des Weiteren bieten sie Rückkehrberatung an.

»Derzeit werden durch unsere Kolleginnen und Kollegen bis zu 500 Vorsprachen täglich bearbeitet, wobei hinter jeder das Schicksal ganzer Familien steht. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Erstmeldungen beinahe vervierfacht«, steht in dem Brief. Das Personal sei zwar ebenfalls gestiegen, jedoch nicht im selben Umfang wie der Arbeitsaufwand. Prognosen des Bundes zufolge sollen die hohen Asylbewerberzahlen anhalten. Wegen der großen Überarbeitung der Mitarbeiter sei die sachgerechte, auf das individuelle Einzelschicksal eingestellte Bearbeitung nicht mehr gewährleistet, heißt es in dem offenen Brief. »Die Gefahr von Fehlern wächst, finanzieller Schaden für das Land Berlin ist nicht auszuschließen. Die Gesundheit unserer Kolleginnen und Kollegen wird durch zu großen Arbeitsdruck, zu lange Wartezeiten, Stress und Lärm aufs Spiel gesetzt.« Aus Pflichtgefühl den zu versorgenden Asylbewerbern gegenüber würden Kollegen weder Fortbildungen noch Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, die der öffentliche Dienst anbietet.

Laut Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Arbeitsmarktpolitikerin Elke Breitenbach (LINKE) wurden durch die LaGeSo-Mitarbeiter zwischen Januar und Oktober des Vorjahres 2500 Überstunden geleistet. Neuere Zahlen gibt es nicht. Eine Gewerkschaftssprecherin spricht von vielen dauerhaft kranken Mitarbeitern aufgrund des großen Arbeitsaufwandes sowie von Mitarbeitern, die über das Rentenalter hinaus arbeiten, weil Personal fehlt. Ihr zufolge sprechen täglich zwischen 100 und 500 Menschen im Amt vor und müssen sich einen völlig überfüllten Warteraum teilen. Durch die große Zahl der Menschen dort entstände ein hoher Lärmpegel und Arbeitsdruck, der Stress erzeuge.

Ver.di fordert eine Personalaufstockung und eine Übernahme der befristet Beschäftigten in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis. Diese seien eingearbeitet, aber aus rechtlichen Gründen darf ein befristetes Arbeitsverhältnis über einen Zeitraum von zwei Jahren hinaus nicht noch einmal befristet verlängert werden. Das habe zur Folge, dass ständig neues Personal eingearbeitet werden müsse.

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hat Verständnis für die Forderungen seiner Mitarbeiter. »Sie erbringen eine für die gesamte Stadt wichtige Arbeit. Dieses Engagement hat unsere hohe Wertschätzung verdient. Daher habe ich im Rahmen der Haushaltberatungen mehr Personal gefordert«, sagt er. Die Entscheidung liege nun beim Abgeordnetenhaus

Die linke Arbeitsmarktpolitikerin Elke Breitenbach sagt hingegen, die Personalaufstockung könne nicht bis zum kommenden Haushalt warten. »Es geht nicht um einen vorübergehenden Notstand, sondern um einen dauerhaft höheren Arbeitsaufwand. Da muss der Senat das Geld bereitstellen, sowohl sofort als auch dauerhaft im kommenden Haushalt.«

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