Flüchtlingsgipfel nicht notwendig

Die Bundesregierung will kein Krisentreffen zwischen Bund, Ländern und Spitzenverbänden

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (epd/nd). Spitzenpolitiker bemühen sich um mehr Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. »Hass-Propaganda« dürfe nicht zugelassen werden, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und warnte angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen um das neue Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf vor einer Instrumentalisierung der Flüchtlingsdebatte durch Rechtsextremisten. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach schlug ein Krisentreffen zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden vor. Die Bundesregierung wies den Vorstoß zurück.

Solch ein Treffen sei derzeit nicht notwendig, da sich Bund und Länder stetig in einem engen Austausch befänden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Bosbach hatte zuvor der »Saarbrücker Zeitung« (Mittwochsausgabe) gesagt, die Städte sollten Asylbewerber nicht in leer stehenden Großobjekten wie Krankenhäusern und Schulen einquartieren, um so möglichst viele Flüchtlinge auf einen Schlag unterzubringen: »Man muss die Sorgen der Anwohner ernst nehmen.« Das Thema dürfe nicht den Rechtspopulisten überlassen werden.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur, von einem Gipfel könne eine »klare Botschaft« ausgehen, dass die Politik die Flüchtlinge schützt. Zugleich forderte er mehr Unterstützung für die Kommunen von Bund und Ländern. Bundesinnenminister Friedrich sieht besonders die Länder in der Pflicht. Die Kommunen dürften von den Bundesländern nicht allein gelassen werden, sagte der CSU-Politiker der »Leipziger Volkszeitung« (Donnerstagsausgabe).

Der kommunale Spitzenvertreter Landsberg sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): »Wenn man darstellen will, aus welcher Hölle die meisten Asylbewerber kommen, dann muss man das mit einer soliden Informationskampagne begleiten.« Ebenso unverzichtbar sei die Klarstellung durch die Politik, dass »Flüchtlinge unter unserem Schutz stehen«. Er verwies darauf, dass wegen der Krisen in Syrien, Ägypten und Afghanistan in diesem Jahr mehr Menschen in Deutschland Asyl suchen werden. Schätzungen zufolge könnten es »deutlich über 100.000« sein. Im Jahr 2012 hatten bundesweit 77.540 Menschen Asyl beantragt.

Der Niedersächsische Flüchtlingsrat warnte indes vor einer Hysterie. Die Flüchtlingszahlen in ganz Deutschland seien im Vergleich zu den 90er Jahren noch immer relativ gering, sagte Geschäftsführer Kai Weber dem epd.

Seit mehreren Monaten gibt es in ganz Deutschland immer wieder Diskussionen über die Unterbringung von Flüchtlingen. Zugleich protestieren Asylbewerber in zahlreichen Städten gegen ihre Lebensbedingungen in Sammelunterkünften sowie gegen Arbeitsverbote, Residenzpflicht und lange Asylverfahren.

In Berlin-Hellersdorf hatten am Montag unter Polizeischutz und Protest der Nachbarschaft rund 50 Asylbewerber eine neue Notunterkunft in einer ehemaligen Schule bezogen. Am Dienstag und Mittwoch gab es Kundgebungen der rechtsextremen NPD sowie der Gruppierung »Pro Deutschland« gegen das neue Flüchtlingsheim. Ihnen gegenüber standen mehrere Hundert Unterstützer der Asylbewerber. Weitere Flüchtlinge sollen in den kommenden Tagen ins Heim ziehen.

Der evangelische Berliner Landesbischof Markus Dröge sagte im RBB-Inforadio, mit den Anwohnern müsse man ins Gespräch kommen. Es habe sich gezeigt, dass »überall wo Flüchtlinge willkommengeheißen werden, wo sie ihre Geschichte erzählen können«, gute Erfahrungen gemacht werden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal