Schulrebellion geht ins zweite Jahr

Seifhennersdorfer warten auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts

  • Lesedauer: 2 Min.
Behördendruck, drohende Bußgelder, offener Rechtsstreit - in Ostsachsen kämpfen Eltern seit Monaten für den Erhalt einer Schule. Das neue Schuljahr beginnt wieder mit Ungewissheit.

Seifhennersdorf (dpa/nd). Im Kampf um die Mittelschule von Seifhennersdorf (Landkreis Görlitz) wollen die Schulrebellen in der Stadt nicht aufgeben. Die Eltern, die ihre Kinder dort schon ein Jahr lang gegen den Willen des sächsischen Kultusministeriums in der fünften Klasse unterrichten ließen, wollen in dieser Woche das weitere Vorgehen nach den Sommerferien abstimmen. Dies sagte Elternsprecher Andreas Herbig der dpa. Die Eltern seien fest entschlossen, den Protest im neuen Schuljahr fortzusetzen. Es beginnt am kommenden Montag. Pensionierte und freiberufliche Lehrer hatten in Seifhennersdorf zuletzt 13 Fünftklässler unterrichtet.

Die Mittelschule der Stadt ist zur Schließung vorgesehen. Für das bevorstehende Schuljahr sind dort offiziell noch insgesamt 46 Schüler in der neunten und zehnten Klasse angemeldet. Für das vergangene Schuljahr war in Seifhennersdorf erneut keine fünfte Klasse genehmigt worden. Im August 2012 fehlten zwei Schüler, um die gesetzlichen Vorgaben von 40 Schülern pro Klassenstufe zu erfüllen. Am Protestunterricht, den Eltern daraufhin organisierten, nahmen anfangs 23 Kinder teil.

»Die Schule blutet nach und nach aus«, sagte die Seifhennersdorfer Bürgermeisterin Karin Berndt (parteilos). Dabei gebe es nach ihren Angaben genügend Schüler in der Stadt und umliegenden Orten, damit die Einrichtung weiterleben könne.

Seifhennersdorf hatte deshalb Klage gegen den 2005 beschlossenen Schulnetzplan des Landkreises Görlitz eingereicht, weil darin die Schließung der Mittelschule fixiert wurde. Die deutsch-tschechische Grenzstadt betrachtet dies jedoch als Eingriff in die per Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung. Seit März 2013 liegt der Streitfall beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das im Auftrag des Dresdner Verwaltungsgerichts prüfen soll, ob Sachsens Schulgesetz mit der Verfassung vereinbar ist.

Die Entscheidung in der Sache lässt jedoch auf sich warten. Das komplexe Verfahren werde so zügig wie möglich bearbeitet, hieß es aus der Pressestelle des Gerichts in Karlsruhe. Derzeit werden die Stellungnahmen der CDU/FDP-Landesregierung, des Landkreises Görlitz und der Stadt Seifhennersdorf ausgewertet.

»Für uns zählt jeder Tag«, sagt Bürgermeisterin Berndt. Die ungewisse Lage sei in diesem Frühjahr auch Grund dafür gewesen, dass nur elf Anmeldungen für die fünfte Klasse an der Mittelschule in Seifhennersdorf eingingen.

Unterdessen blieben die »Schulrebellen« am Ende des vergangenen Schuljahres ohne staatliches Zeugnis. Sie erhielten auch keines mit dem Vermerk »Nicht versetzt«. Stattdessen sicherte das sächsische Kulturministerium zu, dass die Kinder in die sechste Klasse aufgenommen werden - wenn sie sofort nach den Sommerferien in eine staatlich genehmigte Schule gehen. Elternsprecher Herbig bezeichnete das Angebot als »Nötigung«.

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