Griechische Sorgen vor Syrienkrieg

Opposition ist dagegen, auch der Staatschef mahnt zu Zurückhaltung

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Möglichkeit eines Militärangriffs auf Syrien stand im Mittelpunkt einer Sondersitzung im griechischen Verteidigungsministerium.

Bei dem Treffen in Athen von Vertretern des Verteidigungsministeriums mit den Generalsekretären aus den Ministerien für Äußeres, Inneres, Bürgerschutz, Gesundheit und Marine sowie der Heeresleitung und den Spitzen von Polizei, Seewacht, Feuerwehr und Geheimdienst ging es weniger um eine mögliche griechische Beteiligung an einem Krieg gegen Syrien. Im Mittelpunkt stand vielmehr die Frage des Umgangs mit einer wahrscheinlichen Welle von Flüchtlingen aus Syrien im Falle einer militärischen Intervention.

Was den Beitrag Griechenlands zu einem Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf das bürgerkriegsgeschüttelte Land im Nahen Osten angeht, so war diese bereits bei einem Treffen von Regierungschef Antonis Samaras (Nea Dimokratia) mit seinem Vizeministerpräsidenten und Außenminister Evangelos Venizelos (PASOK) zuvor festgelegt worden.

Wie nach der Begegnung bekannt gegeben wurde, drängt die griechische Regierung darauf, »alle Möglichkeiten für eine politische Lösung auszuschöpfen«. Für den Fall eines NATO-Beschlusses werde sich das Mitgliedsland im atlantischen Verteidigungsbündnis allerdings an seine Verpflichtungen halten. Die bedeutet im Klartext, dass Griechenland keine Einwände gegen die Nutzung der NATO-Basen, insbesondere der in Souda auf Kreta, erheben wird.

Eine darüber hinausgehende Beteiligung werde es auf keinen Fall geben. Zur Vorsicht hatte bereits auch Staatspräsident Karolos Papoulias gemahnt. »Ich hoffe, diejenigen, die die Entscheidung treffen, gehen vorsichtig an die Frage einer militärischen Intervention in Syrien heran«, erklärte der Republikspräsident.

Die griechischen Oppositionsparteien sind kategorisch gegen eine militärische Intervention und die Beteiligung Griechenlands auch durch die Nutzung der dortigen NATO-Basen. Seine Partei stehe für Friedensschaffung und nicht für das Rühren von Kriegstrommeln, erklärte der Fraktionssprecher der größten Oppositionspartei SYRIZA, Nikos Voutsis, in der entsprechenden Parlamentsdebatte. »Unser Volk wird einer Beteiligung an Kriegsplänen nicht zustimmen«, sagte der Sprecher der Linkspartei weiter. Bereits Mitte voriger Woche hatte die Partei einen möglichen Militärschlag der USA und ihrer Verbündeten als »imperialistische Intervention« bezeichnet. Die Vereinten Nationen seien als einzige internationale Organisation, berechtigt und verpflichtet, »auf vollständig objektive Weise die Ursache des barbarischen und nie da gewesenen Angriffs mit chemischen Waffen gegen unschuldige Bürger zu untersuchen«, heißt es in der Erklärung von SYRIZA.

Für die Kommunistische Partei Griechenlands, KKE, käme auch eine Beteiligung im Rahmen eines UNO-Mandates nicht in Frage. Ihre Anhänger demonstrierten vergangene Woche mit einem Marsch vom Parlament zur US-amerikanischen Botschaft in Athen zu Tausenden gegen einen möglichen militärischen Angriff.

»Zuständig für die Entscheidungen über die Entwicklungen in seinem Land ist allein das syrische Volk und selbstverständlich nicht die imperialistischen vielfältigen militärischen, politischen, ökonomischen Interventionen«, erklärte der Generalsekretär der KKE, Dimitris Koutsoubas auf der Protestdemonstration.

Auch anschließend protestierten Mitglieder der KKE in verschiedenen Städten des Landes gegen eine mögliche »imperialistische Intervention«.

Bereits am Mittwoch hatte Koutsoubas sich in dieser Angelegenheit mit den Botschaftern der Volksrepublik China und Russlands in Athen getroffen. Kommende Woche werden Gespräche mit dem Botschafter Irans, aber auch ein Treffen mit Regierungschef Antonis Samaras folgen.

Die kleine Mittelinkspartei DIMAR warnte ebenfalls vor einem weiteren militärischen Eingreifen in der Region.

»Der Beschluss auch einer beschränkten militärischen Intervention derzeit impliziert die Gefahr einer Zuspitzung und Ausweitung der Konfrontation auf syrischem Gebiet, mit allgemeinerer Brandgefahr im Nahen Osten und einer dauerhaften heißen Verwicklung des Westens in der Region«, heißt es in der Stellungnahme der DIMAR zum Thema. Demgegenüber seien die Vereinten Nationen und die Europäische Union verpflichtet, »auf der absoluten Priorität einer politischen Lösung zu bestehen, die dem kriminellen Regime von Assad und dem blutigen Bürgerkrieg ein Ende setzt - einen demokratischen Übergang zur Normalität in Syrien ermöglichend und die Gefahr für die internationale Sicherheit und Stabilität weitmöglichst begrenzend«.

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