Kein Strahlenmüll im Wohngebiet!

In mehreren Städten protestierten Menschen gegen industrielle Atomanlagen

  • Bernhard Clasen, Duisburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Tausende Menschen zeigten am Sonnabend Flagge für einen Atomausstieg, der diesen Namen verdient.

Die Auseinandersetzung um die Atomenergie geht trotz des regierungsseitig angekündigten Ausstiegs weiter: Am Sonnabend demonstrierten mehrere tausend Atomkraftgegner unter dem Motto: »Keine Atomanlagen in Wohngebieten und auch nicht anderswo!« in deutschen Städten und im französischen Metz. In Braunschweig umzingelten über 2000 Menschen die in unmittelbarer Nähe von Häusern und Schulen angesiedelte Nuklearfirma Eckert & Ziegler und protestierten gegen deren Ausbaupläne.

In Duisburg zeigten 250 Menschen Flagge für einen echten Atomausstieg. »Man nimmt es seit einiger Zeit wirklich ernst in der Stadt mit der Verantwortung für die menschliche Unversehrtheit«, führte Michael Zerkübel vom Anti-Atom-Bündnis Niederrhein mit Blick auf die Love-Parade-Tragödie im Jahr 2010 aus. Das sei gut so, so Zerkübel. »Doch wo bleibt diese Besorgtheit um menschliches Leben, wenn es um hoch gefährliche nukleare Industrieanlagen in der Stadt Duisburg geht?«, empört er sich.

Tausende Tonnen von Atommüll würden jährlich durch die Stadt transportiert, wo sie mitten in einem Wohngebiet und unweit eines Kindergartens von der Firma GNS »konditioniert« würden. Durch die Konditionierung, bei der der Abfall geschreddert, klein geschnitten, zusammengepresst und eingetrocknet werde, gehe aber kein einziges Becquerel an Strahlung verloren. Zerkübel prangerte die Informationspolitik der »Atomstadt Duisburg« und von GNS an. Niemand wisse, wie viele Tonnen Strahlenmüll jedes Jahr durch Duisburgs Wohngebiete gefahren werde.

Fast 30 Jahre nach Tschernobyl seien im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen noch immer Atomanlagen in Betrieb, werde zwischen Rhein und Weser weiter Atommüll produziert, der kreuz und quer durch das Land rolle, so Udo Buchholz, Sprecher des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz und Mitglied der Grün-Alternativen Liste im Rat der Stadt Gronau.

Bereits zwischen 1995 und 2005 - in der Amtsperiode von Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) - war der Grundstein für einen massiven Ausbau der Urananreicherungsanlage in Gronau gelegt worden, die 35 Atomkraftwerke weltweit mit angereichertem Uran beliefert. Unterdessen hat die neue rot-grüne Landesregierung den Bau einer Lagerhalle in Gronau für 60 000 Tonnen Uranoxid genehmigt.

Nach Ahaus könnten möglicherweise doch noch Atomtransporte aus Jülich rollen, fürchtet Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland. Vor Kurzem hatte der »Spiegel« berichtet, dass sich der geplante Transport der Castoren in die USA auf 450 Millionen Euro belaufen dürfte. Mit derart hohen Kosten hatte niemand gerechnet, zudem gibt es andere Unwägbarkeiten bei dieser Aktion.

Deutschland könne sich nicht mit seinem Ausstiegsbeschluss brüsten und gleichzeitig russischen Atomstrom einkaufen, rief Raschid Alimow von Greenpeace Russland den Demonstranten zu. Er war eigens für die Protestaktion aus St. Petersburg nach Duisburg gereist. Das im Bau befindliche zweite Atomkraftwerk von St. Petersburg ziele eindeutig auf den Export seines Stroms ab. »Gemeinsam konnten wir Umweltschützer in Russland und Deutschland 2010 den Export von Atommüll von Deutschland nach Russland stoppen. Lasst uns nun gemeinsam dafür kämpfen, dass russischer Atomstrom keinen Absatzmarkt in Europa findet«, rief der Umweltschützer kämpferisch.

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