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»Nur ein kleiner Kreis ist eingeweiht«

  • Lesedauer: 4 Min.

nd: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst steht in der öffentlichen Kritik, weil der Bau seiner Residenz viel teurer wird, als ursprünglich angenommen. Warum ist die Aufregung in seinem Bistum so groß?
Carsten Frerk: Er setzt mit seinem Prunkbau ein fatales Signal. So müssen die Kirchengemeinden im Bistum sich strecken und sparen, wo es nur geht. Zum Beispiel will eine Kirchengemeinde in Frankfurt am Main eine Behindertenrampe bauen, damit Rollstuhlfahrer auch zum Gottesdienst kommen können. Das kostet 15 000 Euro. 10 000 Euro haben haben sie schon zusammen und auch verbaut. Jetzt fehlen die restlichen 5000 Euro. Diese Leute sind natürlich zutiefst empört, wenn ihr Bischof einfach mal so 30 Millionen ausgeben kann.

Woher kommt das Geld für den Bau eigentlich - aus dem Bistum oder aus Rom?
Den bisher zugänglichen Informationen zufolge, werden die Kosten vom Bischöflichen Stuhl selber getragen.

Hat der Bischof so viel Geld in der Schatulle?
Der Bischöfliche Stuhl ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, also eine eigene Rechtspersönlichkeit. Lediglich fünf bis sieben Leute haben da Einblick. Welches Vermögen bei diesen Bischöflichen Stühlen liegt, ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse der katholischen Kirche in Deutschland.

Das heißt, im Endeffekt verfügen nur der Bischof und ein ausgewählter Kreis von Vertrauten über die Millionen?
Normalerweise der Bischof, der Generalvikar, der Finanzdirektor und zwei, drei Spezialisten. Nur ein kleiner Kreis ist eingeweiht.

Über was für Größenordnungen sprechen wir hier?
Also in Limburg wurde angeblich ein Drittel des Vermögens verbaut. Vorausgesetzt, die Baukosten rangieren irgendwo zwischen 30 und 40 Millionen Euro, dann waren ursprünglich etwa 100 Millionen Euro in der bischöflichen Schatulle.

100 Millionen Euro sind schon ein erkleckliches Sümmchen. Wie sieht es eigentlich mit der Besteuerung dieses Vermögens aus?
Eine Vermögenssteuer haben wir in Deutschland zur Zeit sowieso nicht. Auch als es die Vermögenssteuer noch gab, hat die Kirche keinerlei Abgaben entrichtet, weil sie ja generell gemeinnützig ist. Wenn man sie fragt, wissen die Kirchen selber nicht, wie viel Geld sie haben. Sie sind ja niemals zur Vermögenssteuer veranlagt worden.

Nun zählt Limburg zu den kleineren Bistümern. Die Bischöfe in Köln oder München müssten demzufolge über deutlich größere Vermögen verfügen.
In Köln weiß das so genau auch keiner. Man geht dort von ungefähr 1,7 Milliarden Euro an Vermögenswerten aus. Tatsächlich könnten es noch mehr sein. Man schätzt bis zu drei Milliarden.

Wir bewegen uns ja schon in den Finanzdimensionen eines Konzerns.
Ja, auf der Liste der reichsten Deutschen würden die Bischöfe ziemlich weit oben stehen.

Und auch in Köln kontrolliert nur ein kleiner Kreis aus vertrauten des Bischofs die Finanzen?
Ja. Diese Struktur ist in allen katholischen Bistümern die gleiche. Es gibt aber Bischöfe, die können damit diskret und vernünftig umgehen. Von denen hört man nichts.

Wird der Bischof denn auch aus seiner Privatschatulle bezahlt?
Nein, das übernimmt das jeweilige Bundesland über die so genannten Staatsleistungen, die aus vorsäkularer Zeit stammen.

Das heißt, das Land Hessen bezahlt Tebartz-van Elst?
Ja, genau. In Bayern kommt das Geld direkt vom Freistaat. Anderswo gibt es eine pauschale Dotation vom Land an die Kirche. Dieser liegt aber ein Personalschlüssel zugrunde.

Wie viel verdient ein Bischof?
Das ist abhängig von seiner Besoldungsgruppe. In Köln etwa gilt Besoldungsstufe 11. Also erhält der Bischof dort rund 11 000 Euro pro Monat.

Dafür kommt der Steuerzahler auf?
Ja, egal ob konfessionsfrei, Buddhist oder katholischer Christ. Der eigentliche Skandal ist, dass die Kirche trotz ihres Vermögens nicht darauf verzichtet, ihre Bischöfe von der öffentlichen Hand bezahlen zu lassen. Zumal auch die ganz normalen Geistlichen Zuschüsse zu ihren Gehältern und Pensionen kriegen.

Wie viel Geld gibt der Staat pro Jahr für diese himmlischen Personalkosten aus?
Die direkten Kosten belaufen sich auf fast 480 Millionen Euro.

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