Lehrer gehen wieder auf die Straße

Am Montag geht der Streik der angestellten Lehrkräfte in die nächste Runde

  • Malene Gürgen
  • Lesedauer: 4 Min.
Mit einem erneuten Warnstreik kämpfen die angestellten Lehrer weiter für eine Anpassung ihrer Bezahlung an die der verbeamteten Kollegen.

Anna Gruber wird wieder mit dabei sein. Die Lehrerin, die eigentlich anders heißt, will am Montag mit mehreren ihrer Kollegen auf die Straße gehen, so wie an den letzten Streiktagen auch. »Es ist ja bisher nichts passiert, man kommt uns kein Stück entgegen«, sagt Gruber, die als angestellte Lehrerin an einer Kreuzberger Schule Deutsch und Englisch unterrichtet. »Wir wollen endlich das Gleiche bekommen wie die Kollegen mit Beamtenstatus, schließlich machen wir doch die gleiche Arbeit«, sagt sie.

Das fordert auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), die erneut zu dem Warnstreik auffordert. Um 9.30 Uhr soll es eine zentrale Kundgebung am Gendarmenmarkt geben, im Neuköllner »Café Rix« wird zum Streikfrühstrück geladen. Die GEW rechnet mit einer Beteiligung von 2500 bis 3000 Lehrern, wie Sprecher Tom Erdmann mitteilte. Er ist ebenfalls der Meinung, dass sich bisher nicht viel getan hat: Einige »informelle Gespräche« mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) habe es gegeben, diese seien aber »sehr unschön und sehr unkonstruktiv« verlaufen, sagt er. »Herr Nußbaum fühlt sich weiterhin nicht zuständig und zeigt keinerlei Interesse, Verhandlungen aufzunehmen«, so Erdmann gegenüber »nd«. Stattdessen verweise der Senator auf die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) als Verhandlungspartner für die GEW. Das Argument des Senators: Ein Flächentarifvertrag, wie ihn die GEW für die angestellten Lehrer fordert, könne nicht einseitig durch das Land Berlin geschlossen werden. Berlin riskiere einen Ausschluss aus der TdL, wenn es selbstständig mit den Lehrern verhandele.

Das allerdings hatte das Arbeitsgericht im April anders entschieden: Das Land Berlin dürfe sehr wohl eigenständige Verhandlungen mit den Lehrern führen. Dieser Meinung ist auch Erdmann: »Natürlich ist es möglich, länderspezifische Regelungen z finden, wie es sie ja in anderen Bundesländern auch bereits gibt«. In der Senatsverwaltung für Finanzen herrscht aber weiterhin eine andere Auffassung: »An unserer Einschätzung hat sich nichts geändert: Verhandlungspartner sind nicht wir, sondern die TdL«, teilt Sprecher Jens Metzger auf »nd«-Anfrage mit und weist darauf hin, dass der Wiedereintritt Berlins in die TdL auch auf Wunsch der Gewerkschaften geschehen sei. Offenbar fürchtet man, dass sich die TdL für einen Ausschluss Berlins entscheiden könnte, selbst wenn eigenständige Verhandlungen rechtlich theoretisch möglich wären. Der TdL-Vorsitzende Jens Bullerjahn (SPD) hatte im September signalisiert, sich für neue Verhandlungen in Sachen Lehrergehälter einzusetzen - dann allerdings auf Bundesebene.

Die GEW möchte eine tarifliche Eingruppierungsregelung für die etwa 9000 angestellten Lehrer erreichen, durch die die Einkommensunterschiede zu den verbeamteten Kollegen ausgeglichen werden. Zwar hat der Senat eine Zulage von bis zu 1400 Euro monatlich für die angestellten Lehrer zugesichert - allerdings nur für diejenigen Lehrer, die bis 2017 in den Schuldienst eintreten. Bestehen bleibt im Vergleich zu den verbeamteten Lehrern außerdem trotz Zulage der Unterschied, dass die angestellten Lehrer in die Rentenkasse einzahlen müssen und keinen Anspruch auf volle Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall haben.

Am 29. Oktober wolle man sich zu einer tarifpolitischen Konferenz zusammensetzen und über weitere Streiktermine beraten, sagt Tom Erdmann. Er hält Streiktage im November für »sehr wahrscheinlich« und schließt auch einen mehrtägigen Warnstreik nicht aus. Bei der Auswahl der Wochentage wolle man weiterhin variieren, »damit der Unterricht nicht immer am gleichen Tag ausfallen muss«, so Erdmann.

Landesschülersprecherin Leonie Mader kritisiert indes, dass der Konflikt auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werde. Zwar habe sie sehr wohl Verständnis für das Anliegen der streikenden Lehrer, sagt sie. »Aber gerade wenn es sich hier offenbar auch um ein Kommunikations- und Zuständigkeitsproblem handelt, kann es nicht sein, dass die Schüler darunter leiden müssen«, kritisiert Mader.

Anna Gruber berichtet hingegen von viel Unterstützung auch aus der Schülerschaft: »An meiner Schule gibt es unheimlich viel Verständnis für uns Streikende, von den Schülern genauso wie von den verbeamteten Kollegen«, sagt Gruber. Im Übrigen ist sie überzeugt: Wenn man verhindern wolle, dass Lehrer streiken, dürfe man ihnen eben nicht den Beamtenstatus nehmen - wie in Berlin geschehen.

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