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»Happi-happi« im Seniorenheim

Sprachwissenschaftlerin: Babysprache typisch für Kommunikation in der Altenpflege Von Wolfgang Plischke (epd)

  • Lesedauer: 2 Min.

Brav sein, wenn der Onkel Doktor kommt», mahnt eine Pflegerin. Es sei Zeit für «Happi-happi», und dann «schön schlafen», legt eine Kollegin den Zeitplan für den Abend fest. Für die Kommunikation in der Altenpflege sei die Babysprache charakteristisch, fand die Sprachwissenschaftlerin Svenja Sachweh heraus. In ihrer Dissertation «Schätzle hinsitze» (Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main) dokumentiert sie die Ergebnisse, berichtete jetzt das Kuratorium Deutsche Altershilfe in Köln. Mehr als ein halbes Jahr lang zeichnete Sachweh in einem Altenheim im Raum Freiburg Gespräche zwischen Pflegekräften und Bewohnern auf. Die Babysprache werde vor allem von weiblichen Pflegekräften angewandt, die oft selbst Mütter seien, erläutert Sachweh. Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen Säuglings- und Altenpflege im Intimbereich oder wegen eingeschränkter Äußerungsmöglichkeiten sei eine Übertragung mütterlichen Sprachverhaltens verständlich, räumt Sachweh ein. Die Kommunikation in der Altenpflege weist nach ihren Untersuchungen «erstaunliche Extreme» auf. Nirgendwo sonst werde einerseits so höflich und andererseits so herablassend mit älteren Menschen gesprochen.

Dabei wollten die Pflegekräfte die betreuten Senioren meist gar nicht erniedrigen, erläutert die Sprachwissenschaftlerin. Sie bemerkten einfach nicht, dass manch einer sich durch Infantilisierungen «seines letzten bisschens Respekts und Würde beraubt sieht». Zu den Ursachen für die «teilweise gravierenden kommunikativen Mängel» in der Altenpflege zählt Sachweh den hohen Anteil ungelernter Kräfte sowie Defizite in der Aus- und Fortbildung.

Doch es geht auch anders, nennt die Sprachwissenschaftlerin Beispiele. So sollten Verhaltensweisen eingeübt wer den, um das Selbstbewusstsein älterer Menschen zu stärken. Dies gelinge, wenn etwa die Heimbewohner mit «Sie» und dem Nachnamen angesprochen oder höflich gebeten werden, bei den Pflegeaktivitäten mitzuhelfen.

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