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Sektenguru in Sachsen

Zwickau Stadtrat fordert Unterstützung von der Bundesregierung

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Hendrik Lasch, Dresden

Seit Jahren wird in Zwickau über den Umgang mit einem Bauunternehmer ge- X stritten, der bekennender Scientologe ist. USßfritfiJen steh die Stadträte an den

Donald Duck ist für die Zwickauer Stadträte noch das kleinste Problem. Zwar will die Ente, die der * Bauunternehmer Kurt Fliegerbauer an einem von ihm sanierten Gründerzeithaus am Hauptmarkt hat anbringen lassen, “ nicht so recht ins Stadtbild passen. Doch der Comic-Held gehört zu den eher possierlichen Auswüchsen einer handfesten Auseinandersetzung um Fliegerbauers Aktivitäten in der Stadt, die inzwischen selbst das Bundeskanzleramt beschäftigt. Der Baumagnat könnte als Glücksfall für Zwickau gelten: Über 250 Wohnhäuser hat dessen Schloss Osterstein Verwaltungsgesellschaft GmbH bislang saniert. Die westsächsische Stadt habe denn auch allen Grund, für das unternehmerische Engagement «dankbar zu sein», schrieb Oberbürgermeister Rainer Eichhorn (CDU) im November 1997 Doch die rechte Freude wollte schon damals nicht aufkommen: Fliegerbauer, so pfiffen die Spatzen von den frisch gedeckten Dächern, sei Mitglied der Scientology Or ganization. Diese wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil ihre Programmatik und Tätigkeit «durch eine Absicht bestimmt ist, die grundsätzlich und dauernd auf die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerichtet ist»,,„ wie es im. Beruht des sächsischen^ Landesamtes heißt. *

Die Beziehung der. Stadt zu Fliegerbau-,., er, der sich inzwischen als Mitglied von Scientology bekennt und als so genannter Thetan vergleichsweise weit oben in der Hierarchie rangiert, sind seither umstritten. Nachdem der anbiedernde Brief Eichhorns jetzt bekannt wurde, erinnert der Rathauschef daran, dass die Stadt den Beschluss fasste, keine kommunalen Grundstücke an Interessenten zu verkaufen, die «im begründeten Verdacht stehen, Mitglieder verfassungsfeindlicher Sekten zu sein». Tatsächlich wurden durch die Stadt nur zehn Häuser an Fliegerbauer verkauft. Kritiker jedoch bezichtigen den Rathauschef und dessen Verwaltung zumindest eines sehr ungeschickten Lavierens. So erhielt der Scientologe einen Preis für eine mustergültige Sanierung.

Die Hamburger Scientology-Kennerin Ursula Caberta bezichtigte Eichhorn daraufhin unlängst der Unfähigkeit im Umgang mit der Sekte und forderte ihn zum Rücktritt auf. Doch der Auftritt Cabertas verunsicherte die Zwickauer weiter- In den Leserbriefspalten der Lokalzeitung halten sich Warnungen vor Intoleranz gegenüber der vermeintlichen Religionsgruppe sowie Hinweise auf totalitäre Tendenzen die Waage.

In den letzten Wochen eskalierte der Streit. Nach zahlreichen Medienberichte konstatiert der Stadtrat eine zunehmende jRufischädigung, der,, Stadt und «gezielte Diffamierung». Als im Gegenzug beschlossen wurde, in Zwickau ein Informationsbüro in Sachen Scientology einzurichten, ging eine Bewerbung ein. Sie kam von Fliegerbauer. Nachdem das Rathaus dessen Ansinnen zurückwies, bezeichnete der Scientologe die Stadträte als «Fanatiker und Hetzer», die seine Bürgerrechte einschränken wollten. Den Chef der CDU- Fraktion Frank Seidel, der als besonders profilierter Gegner des Scientologen gilt, bezeichnete Fliegerbauer als «Julius Streicher von Zwickau». Streicher war Herausgeber des faschistischen Hetz blattes «Der Stürmer».

Inzwischen wandte sich der Stadtrat hilfesuchend an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Es gehe nicht an, «auf dem Rücken von Kommunalpolitikern Probleme auszutragen, die Angelegenheit von Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland sind», heißt es in einem Brief, in dem um eine «klare Stellungnahme» zu Scientology gebeten wird. Wenn die Organisation als verfassungsfeindlich einzustufen sei, müssten Regierung und Bundesverfassungsgericht handeln. Schröders Antwort steht noch aus.

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