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Kletterpflanzen an der Pergola

  • Lesedauer: 3 Min.

Wir haben mit 60 cm Abstand an der Grundstücksgrenze eine Pergola gebaut, die insgesamt 2,40 Meter hoch ist. Muss ich die Schling- und Kletterpflanzen bei zwei Metern beschneiden, wie es der Nachbar fordert, oder dürfen sie die gesmate Pergola bewachsen?

Anna D., 08523 Flauen

Das Nachbarrecht ist Landesrecht, es ist also in den Nachbarrechtsgesetzeh der jeweiligen Bundesländer festgelegt. Das gilt auch für die Pflanzabstände. Die Vorschriften betreffen alle in den Gesetzen ausdrücklich aufgeführten Pflanzen, also Bäume, Sträucher, Hecken und sonstige Gehölze, und hier schließt die einschlägige Literatur auch Halbsträucher und Schlinggewächse mit ein.

Nun kommt es darauf an, ob Zweige auf das Grundstück des Nachbarn überhängen oder ihn auf andere Weise unzumutbar behelligen. Dann er lauben die Gesetze dem Nachbarn unter bestimmten Voraussetzungen den Rückschnitt der Pflanzen. Doch eine eindeutige Antwort findet man weder in den Gesetzen, noch in der Literatur oder vor Gericht. In letzter Zeit sind neuere lokale Naturschutzbestimmungen zu beachten, die dem Nachbarn nicht alles erlauben. So ist ein Urteil des Ober landesgerichts Köln zu erwähnen (Az. 11 U 6/96), nach dem der Überhang geduldet werden muss. Als Begründung führten die Richter ausdrücklich die «in den letzten Jahr zehnten gewandelte Sozialanschauung über den Wert gewachsenen größeren Baumbestandes» an.

Ehe Sie also zu Gartenschere und Säge greifen, sollten Sie sich mit Ihrer zuständigen Naturschutzoder Umweltschutzbehörde in Verbindung setzen und dort über Sinn oder Unsinn des Zurückstutzens von Clematis und Pfeifenwinde beraten. Sollte der Nachbar nicht einsichtig sein, können Sie sich auch an das zuständige Schiedsamt, dass in jedem Bundesland besteht, wenden. Dort ist eine Schiedsper son für Ihren Wohnort zuständig. Das Amt sucht in einem Schlichtungsver fahren bei kleineren Konflikten nach einer Lösung.

Was den Bau der Per gola angeht, so sollten Sie auch prüfen, ob diese baugenehmigungspflichtig ist. Nachbarrechtlich spezielle Vorschriften über bauliche Anlagen für die Gartengestaltung gibt es auch für Pergolen in einzelnen Bundesländern.

Im Ratgeber zum Nachbarrecht von Hans Reinold Horst, Verlag Haus & Grund, fanden wir jedoch folgende Aussage: Pergolen, Klettergerüste und offene Sitzplätze sind nach öffentlichem Recht in aller Regel nicht baugenehmigungspflichtig. Entweder folgt dies aus den Bauordnungen der Länder ausdrücklich, oder es wird die Genehmigungsfreiheit für bauliche Anlagen von «untergeordneter Bedeutung» angeordnet. Ohne auf die landesrechtlichen Regelungen einzugehen, kann auch als Regel festgehalten werden, dass Pergolen und Klettergerüste keinen Grenzabstand auslösen. Ausnahmsweise kann ein Grenzabstand nötig sein, wenn von einer derartigen Anlage Wir kungen wie von einem Gebäude ausgehen.

Sie sehen also, eine verbindliche Auskunft im Nachbarrecht kann eine Zeitung Ihnen nicht geben. Wenn alle Ratschläge nicht fruchten, bleibt nur der Gang vor Gericht.

ROSl BLASCHKE

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