Schäuble schweigt über Folter in fremden Kellern

Wen deckt der Innenminister mit der Kampfansage ans Parlament?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist nur ein Gerücht: Angeblich habe man für den »Bericht der Bundesregierung (offene Fassung) gemäß Anforderung des Parlamentarischen Kontrollgremiums von 25. Januar zu den Vorgängen im Zusammenhang mit dem Irakkrieg und der Bekämpfung des Internationalen Terrorismus« die Gebrüder Grimm als Autoren gewonnen.
Parlamentarier sind in ihrer Mehrzahl nicht naiv. Wer ihnen zu verlogene Märchen erzählt, den bestrafen sie mit einem Untersuchungsausschuss. Er wird, nachdem nun die »New York Times« fast täglich (mögliche) Wahrheiten nachlegt, immer wahrscheinlicher. Nun warnt einer der Auftraggeber für die Gebrüder Grimm: »Wir werden im Rahmen des geltenden Rechts alles tun, um Schaden für die Nachrichtendienste abzuwenden.« Was in ebenso deutlicher Übersetzung bedeutet: Fragt nur, wir antworten nicht, belegen mögliche Zeugen mit einer Aussageverweigerung und finden geforderte Dokumente einfach nicht mehr auf. Das ist, so hört man aus Büros interessierter Bundestagsabgeordneter, eine »klare Kampfansagen an das Parlament« und die Rechte der gewählten Abgeordneten. Gewöhnlich ist der Bundesinnenminister nicht so grobschlächtig. Wenn Schäuble dennoch so vehement Abgeordnetenrechte beschneiden will, wird er seine Gründe haben. Man muss den Bericht der Bundesregierung an das PKG nur etwas aufmerksam lesen, dann findet man »Leichen«, die Schäuble angeblich kenntnislos gerne in fremden Kellern belassen will. Im Bericht der Bundesregierung wird die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienst- und Polizeibeamter mit Kollegen aus den USA nach dem 11. 9. 2001 erwähnt. Die Rede ist von einer BAO, einer Besonderen Aufbauorganisation USA. »Die Anwesenheit von Verbindungsbeamten des FBI... trug dazu bei, dass auch Ermittlungsergebnisse auf den polizeilichen Schienen schnell und umfassend ausgetauscht werden konnten.« Dabei, so der Bericht, sei für die USA »der Präventivgedanke deutlich wichtiger als der Strafverfolgungsaspekt« gewesen. Man belegt das am Fall Abu Zubaida - auch »Subeida« genannt. Er ist, wie der Bericht der Bundesregierung bemerkt, ein wichtiges Al-Qaida-Mitglied. US-Quellen machen ihn gar zum militärischen Führer der Terror-Organisation von Osama bin Laden. Die Bundesregierung weiß weiterhin mitzuteilen, dass Zubaida nach der Festnahme nicht der amerikanischen Justiz überstellt worden ist. Mit anderen wurde er an einem den deutschen Behörden unbekannten Ort festgehalten und »befragt«. Wie diese Befragung aussieht, liest sich im »Spiegel«, der auch 2003 schon zur Pflichtlektüre der Bundesregierung gehörte, so: »Freiwillig hat Subeida die Seiten nicht gewechselt. Dem bei seiner Festnahme im März vergangenen Jahres (2002 d.R.) durch einen Bauchschuss schwer verletzten Terrorplaner verweigerten die Amerikaner kurzerhand schmerzstillende Medikamente.« Weiter ist zu lesen: »Zwei Monate lang ertrug der Häftling mit zusammengebissenen Zähnen die Höllenqualen. Dann war sein Wille gebrochen. Subeida begann zu reden.« Er muss mehr tot als lebendig gewesen sein. Immer wieder betont die Bundesregierung, dass man auf Informationen aus solchen »Vernehmungen« nicht verzichten kann. So steht es auch im Bericht. Denn man schickte unter rot-grüner Regentschaft selbst Vernehmer aus, die mutmaßliche Terrorgefangene in geheimen Folterkerkern vernommen haben. Neben BND- und Verfassungsschutzleuten waren in Syrien und in Guantanamo Bay immer auch Experten des Bundeskriminalamtes dabei. Schäuble ist nun ihr oberster Dienstherr. Und ordnet Schweigen an.
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