- Politik
- Dirk Michaelis, Andre Herzberg, Dirk Zöllner auf Tournee
Gaben fürs heilige Publikum
Von Christine Wagner
Just in dem Moment, in dem Deutschland zwischen Rinderwahn und Rechtsextremismus gebeutelt wird, machen sich Drei HIGHlige auf den Weg. Wie jene Heiligen drei Könige aus der Bibel, die ihrem Stern folgen. Und auch diese Drei HIGHligen, unterschiedlich in ihren Charakteren, haben eine Botschaft. Hört einander zu. Lasst euch aufeinander ein. Habt Lust zum Streit, aber auch zum einigenden Kompromiss. Fangt endlich wieder gemeinsam an zu leben und gönnt euch Spaß. Zehn Jahre nach der Wende wird es Zeit.
Die Drei HIGHligen - das sind Dirk Michaelis, Andre Herzberg und Dirk Zöllner. Allesamt Sänger aus einem untergegangenen Land. 1993 machten sie sich schon einmal auf den Weg. In den Irritationen der Wendezeiten war keinem der Sänger klar, ob er in seinem Beruf überleben wird. Und so hatte ihre Tour mehr von einem Good Bye als von einem Neuanfang. Dafür gelang ihnen das, was sie zu DDR- Zeiten nie geschafft hatten: Sie lernten sich persönlich kennen. Mit allen Ecken und Kanten. Die beiden Dirks sprachen danach ein Jahr lang nicht mehr miteinander. Zwischen Zöllner und Herzberg entspann sich schneller eine Freundschaft. Mit immer wieder neuen Songs, unbeirrt von dem Nostalgiebedürfnis der meisten ihrer Ostrockkollegen, suchte ein jeder der drei nach einer neuen Haltung zu sich und der veränderten Welt. Jetzt sind sie in der Gegenwart angekommen - jeder für sich und alle auch ein bisschen miteinander.
»Diesmal spielen wir unsere Songs nicht nacheinander, sondern gemeinsam. Andre singt einen Song von mir natürlich so, wie er ihn selber fühlt - und Dirk auf seine Weise. Aber das ist ja gerade das Spannende«, freut sich Michaelis bei einem ziemlich turbulenten Treff zu dritt. Bei dem sich zeigt, was die drei Individualisten trennt oder vereint. Der Hektiker Dirk Zöllner ist ein Mann, der nicht nur die Haarfarbe fast so oft wie die Hemden wechselt, sondern auch sein Mundwerk kaum bremsen kann. Den Analytiker Andre Herzberg, der Ex-Rebell von Pankow, der sich lieber als Clown sieht, drängt es dagegen zur Sinnsuche in die Tiefe. Und der Geschichtenerzähler Dirk Michaelis, Charmeur mit grauen Schläfen, wirft nur wenige Sätze in die Runde, gelassen, aber äußerst gezielt. Alle drei schreiben sie Balladen, haben aber recht verschiedene Klangbilder im Kopf. Michaelis kommt vom Chanson, Herzberg vom Rock n›Roll, und Zöllner ist eher im Soul, Blues und Funk zu Hause. »Für diese Tour muss jeder ein Stück von sich zurücknehmen. Doch gerade dadurch, dass ich zuhöre, wie der andere meinen Song singt, erfahre ich etwas von ihm. Und worin sich seine Haltung von meiner unterscheidet«, so Herzberg. Zöllner findet dessen Songs »schaurig, weil ich das Traurige nicht kenne«. Er fürchtete sich vor den Abgründen der menschlichen Seele, »weil ich ein glücklicher Mensch bin«, erkennt aber Andres Sicht auf die Welt an: »Wahr scheinlich hat er daher auch mehr Kraft, im Schwarzen zu graben. Er genießt es ja förmlich.«
Friede, Freude, Eierkuchen? So viel Harmonie lehnen die drei Individualisten ab. Chaos hat für sie etwas Lustvolles - freilich stets darauf bedacht, das eigene Ich durchzusetzen. Und nicht immer finden sie einen Kompromiss. Worüber sie unterschiedlicher Meinung sind? Kein Kommentar. Nur so viel: »Wir werden uns streiten - entweder auf der Bühne oder hinter verschlossenen Türen«, sagt Andre Herzberg. Auf eine Band mit Musikern, die jeder akzeptiert, konnten sich die drei zumindest nicht einigen. Deshalb werden sie bei dieser zeitlich begrenzten Tour, die genau bis zum Tag der Heiligen drei Könige geht, auch alle notwendigen Instrumente selbst spielen. »Musiker sind eine Gefolgschaft. Mehr als ich bisher glaubte, bevor ich die Erfahrungen mit diesen Jungs hier machen konnte, sie versuchen, dich zu bedienen«, meint Zöllner. Da ist ihm ein produktiver Krach mit den Freunden doch lieber. Solche wie Herzberg, Zöllner und Michaelis gehören nicht zum Mainstream. Sie geben den Ton an.
Nach dieser zeitlich begrenzten Tour wird jeder wieder seinen eigenen Weg gehen - als Sänger, allein oder mit Band.
Was bleiben wird, ist eine - limitierte - CD der Drei HIGHligen (BMG). Mit bislang fünf unveröffentlichten Songs von Herzberg, Zöllner und Michaelis. Und einem verbindenden Lied. »Jeder hat da mal ei-
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