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Eleganz und Klugheit

  • Martin Mund
  • Lesedauer: 3 Min.

Voriges Jahr im Herbst gab es eine Riesenschlange am Kino Toni in Berlin-Weißensee: Es war angekündigt, dass Senta Berger vor der Vor Stellung lesen würde. Und so feierte man zuerst sie auf der Bühne des Toni. Danach erst war »Das kalte Herz« zu sehen, der erste DEFA-Märchenfilm, bei dem Paul Verhoeven, der Vater ihres Ehemannes Michael Verhoeven, Regie geführt hatte.

Am Sonntag wurde die Schauspielerin 60: eine sinnliche, elegante, kluge Frau, die über ein reiches Arsenal darstellerischer Mittel verfügt und sich darüber hinaus immer wieder politisch engagiert. Einst trat sie im Wahlkampf für Willy Brandt auf, dann für Abrüstung, Umweltschutz oder gegen den Paragraphen 218. Ihre seit Ende der sechziger Jahre gemeinsam mit ihrem Mann betriebene Filmgesellschaft »Sentana Film GmbH« produzierte nicht nur hübsche Familienunterhaltung fürs Fernsehen (wie »Die schnelle Gerdi« oder »Lilli Lottofee«), sondern auch ein Werk wie die »Weiße Rose« (1982), jene nachdrückliche Erinnerung an den Widerstand der Geschwister Scholl im Dritten Reich, oder »Das schreckliche Mädchen« (1989) über eine bayerische Gymnasiastin, die in ihrer Heimatstadt nach Spuren der Naziver gangenheit forscht. »Man sollte es sich leisten, eine eigene Meinung zu haben«, sagte Senta Berger einmal in einem ND- Interview, »sollte mithelfen, etwas zu bewegen. Auch wenn man bei einer Veranstaltung nur einen Menschen, der sich bisher nicht für Politik interessierte, dafür gewinnt, ist das ein Erfolg.«

Die ersten großen Erfolge der in Wien geborenen Tochter eines Komponisten und Kaffeehausmusikers lagen zunächst auf anderen Gebieten. Der Berliner Produzent Artur Brauner verpflichtete die schöne, wohlproportionierte Rothaarige vorwiegend für Lustspiele und Schlager filme. Dann wurde das deutsche »Fräuleinwunder« nach Hollywood geholt und als Erotikstar eingesetzt. Hier trat die Ber ger zwar neben Leinwandgrößen wie Richard Widmark, Kirk Douglas, John Wayne oder Charlton Heston auf, aber künstlerisch bedeutende Aufgaben waren eher

Senta Berger beim Filmball 2000 Foto: dpa

die Ausnahme. Die kamen erst später, nach ihrer Rückkehr, in Filmen von Wenders, Schlöndorff, Verhoeven.

Vielleicht ist die Wiederkehr der Schauspielerin ins breite öffentliche Bewusstsein aber vor allem mit der Fernsehserie »Kir Royal« (1984-86) verbunden, in der sie faszinierend komisch und sehr selbstbewusst als Lebensgefährtin eines Münchner Klatschreporters agierte. Seitdem und seit Filmen wie der Ehegeschichte »Sie und Er« (1991, Regie: Frank Beyer) ist sie aus dem deutschen Fernsehen nicht mehr wegzudenken. Dazu ist sie gelegentlich mit Buchlesungen unterwegs, singt Chansons, spielt Theater. Als ihren wichtigsten Kraftquell aber hat sie stets ihre Familie bezeichnet, mit Michael Ver hoeven ist sie seit 35 Jahren verheiratet, ihre beiden Söhne wurden 1972 und 1979 geboren. Und auf die Frage, wie sie es mit Schönheitsoperationen halte, reagierte sie kürzlich so: »Ich finde, mein Gesicht er zählt von einem gelebten Leben. So ver zweifelt bin ich hoffentlich nie, dass ich eines Tages jemanden suche, der mir mit dem Skalpell in meine Haut schneidet...«

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